DOMRADIO.DE: Diese völlige Isolation von Angehörigen und Freunden: Was konkret hat das für die Menschen in den Altenpflege-Einrichtungen bedeutet?
Peter Krücker (Vorstand Caritasverbands der Stadt Köln): Das war schlichtweg eine soziale Katastrophe. Gerade Menschen in Pflegeeinrichtungen sind in ihrem psychischen Zustand, in ihrer Verfassung darauf angewiesen, dass sie Besuch haben. Dass sie Kontakte zu ihren Verwandten und Freunden haben. Das ist natürlich eine ganz problematische Situation für die Menschen gewesen, dass sie über Wochen niemanden sehen durften. Wir haben versucht, das in den Einrichtungen ein bisschen aufzufangen, haben Mitarbeitende angeleitet, möglichst viel persönlichen Kontakt zu den Bewohnern zu suchen.
Wir haben digitale Medien eingesetzt. Die Mitarbeitenden haben alte Menschen angeleitet, auch digitale Medien zu nutzen, also mit Videotelefonie und so weiter ein Stück weit zu kompensieren. Aber das ist immer nur ein kleiner Versuch, etwas zu kompensieren. Der persönliche Kontakt, das Angucken und das Lächeln und auch mal eine Berührung oder in den Arm nehmen, das ist Lebenselixier für alle Menschen und für alte Menschen ganz besonders.
DOMRADIO.DE: Umso schöner ist ja die Nachricht, dass aktuell Besuche wieder möglich sind. Unter welchen Voraussetzungen?
Krücker: Ja, seit Juli sind Besuche wieder möglich. Es muss ein bisschen geregelter gehen, als es früher war. Früher konnte man mehr oder weniger gehen und kommen, wann man wollte. Wir brauchen jetzt ein Anmelde- und Screening-Verfahren. Die Menschen müssen sich an der Pforte melden und wir schreiben ihre Daten auf.
Wir machen eine Fiebermessung für Besucher und haben auch eine gewisse Reglementierung, dass Bewohner maximal zwei Besuche am Tag mit maximal zwei Personen erhalten. Das ist eine kleine Einschränkung für die Menschen in Altenheimen, die viel Besuch bekommen haben. Aber im Schnitt deckt es eigentlich das ab, was an normalen Besuchen immer auch vorher da war.
DOMRADIO.DE: Machen denn da alle mit, oder kämpfen sie da auch manchmal mit Angehörigen, die das nicht einsehen und die darauf drängen, noch weiter zur Normalität zurückzukehren?
Krücker: Die riesig große Mehrzahl macht mit. Es gibt bei den vielen Einrichtungen, die wir haben, und bei den vielen Besuchern, die dann in die Einrichtung kommen, immer auch einige wenige einzelne, die dann ein bisschen rumquengeln. Aber im Großen und Ganzen läuft es eigentlich sehr gut.
DOMRADIO.DE: Das bindet natürlich auch Arbeitskräfte. Fehlen diejenigen, die mit der Einhaltung dieser Regeln beschäftigt sind, in der Pflege?
Krücker: Nein, die fehlen nicht in der Pflege. Das sind Verwaltungskräfte, die das machen. Aber das ist tatsächlich so, dass wir hier jetzt mehr Personalressourcen einsetzen müssen, um die Besuche organisatorisch auch zu gewährleisten. Auf Dauer geht das nicht. Wir gehen aber davon aus, dass wir das Szenario länger so gestalten müssen. Daher sind wir auch schon in Gesprächen mit den Kassen, dass es an dieser Stelle eine Aufstockung der Verwaltungsbereiche in den Altenzentren gibt.
DOMRADIO.DE: Wie groß ist Ihre persönliche Angst, dass ein erneuter Lockdown kommen könnte?
Krücker: Ich mache mir schon echte Sorgen. Wenn man sich ganz aktuell heute die Zahlen von Infektionen wieder anschaut, gibt es da auch allen Grund für. Ich glaube, wir müssen alle sehr vorsichtig sein, damit die Zahlen einigermaßen im überschaubaren Bereich bleiben, damit wir nicht wieder zu diesen massiven Einschränkungen kommen.
Ich bin da der Überzeugung, dass, wenn es Einschränkungen gibt und wenn es auch wieder einen Lockdown geben sollte, dieser regional eher begrenzt sein wird. Aber die großen Städte haben immer ein besonderes Gefahrenpotenzial, und wir hier in Köln haben schon auch ein bisschen Sorge.
Das Interview führte Verena Tröster.