Pädagogische Woche 2020 im Erzbistum Köln

"Digitalisierung ist kein Selbstzweck"

Deutsche Schulen hinken in Sachen Digitalisierung hinterher. Doch wie sieht es an den katholischen Schulen aus? Und lässt sich Religionsunterricht überhaupt digital gestalten? Antworten darauf bietet die Pädagogische Woche im Erzbistum Köln.

Tablets im Unterricht / © Monkey Business Images (shutterstock)
Tablets im Unterricht / © Monkey Business Images ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Zum Auftakt der Pädagogischen Woche 2020 war Nordrhein-Westfalens Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) zu Gast. Was ist das für ein Signal, dass die Ministerin gekommen ist?

Christoph Westemeyer (Abteilungsleiter in der Hauptabteilung Schule und Hochschule im Erzbistum Köln): Zunächst haben wir uns sehr gefreut, dass sie ihre Zusage aufrechterhalten konnte. Das ist in diesen Zeiten ja nicht ganz selbstverständlich. Frau Gebauer hatte schon vor einem Jahr zugesagt, als wir dieses Thema aufgesetzt haben. Sie hat sich zum Auftakt auch sehr pointiert zum Thema Digitalisierung und Digitalität geäußert und gesagt, dass es eben ein wichtiges Thema ist. Das Thema hatte sie sich - unabhängig von Corona - als eine Art Masterplan für ihre Regierungszeit selbst aufgegeben.

DOMRADIO.DE: Religiöses Lernen und digitale Transformation war vor Corona ihr Motto und ist es jetzt. Welche Rolle spielt denn die Digitalisierung speziell für das religiöse Lernen?

Westemeyer: Zunächst einmal kann man sagen, viele Dinge, die wir jetzt auf einmal machen müssen und machen können, hätten wir nie gemacht, wenn Corona, so schrecklich das auch ist, diese Dinge nicht beschleunigt hätte. Das muss man schlichtweg sehen. Wir sind auch in der Fortbildung mit vielen tollen und interessanten Angeboten sehr stark analog gewesen und mussten auf einmal auf Webinare oder Web-Seminare umsteigen.

Dabei haben wir festgestellt, dass das eine ganz andere Zielgruppe anspricht und eine wirklich gute Ergänzung für unser Portfolio ist. Zum Beispiel können junge Familienmenschen, die zu Hause sein müssen, auf einmal an Veranstaltungen teilnehmen, weil es nur anderthalb Stunden dauert und der Zeitaufwand für Hin- und Rückfahrt wegfällt. Man lernt eine ganze Menge bei diesem Thema Digitalisierung - darin steckt eben auch eine Chance.

DOMRADIO.DE: Wie lassen sich zum Beispiel biblische Geschichten im virtuellen Raum, also mit digitalen Medien, darstellen?

Westemeyer: Da kann ich nur staunen. Da gibt es viele verschiedene Angebote. Bei manchen würde man eher sagen, das taugt überhaupt nicht. Aber es gibt sehr gute Erklärfilme auf verschiedenen Internetplattformenen, die zur Verfügung stehen, und gute Techniken und Apps, mit denen man biblische Geschichten erzählen kann. Diese Angebote lassen sich gut in Situationen wie zum Beispiel einem Shutdown einsetzen oder auch ergänzend zum analogen Unterricht nutzen. Da gibt es gerade für biblisches Lernen unfassbar viele digitale Formate.

Aber auch da gilt wie immer bei diesem Thema: Digitalisierung ist zunächst mal ein Instrument und kein Selbstzweck. Man muss gucken, wie man damit umgeht. Und dann muss man auch bei den verschiedenen Apps und Angeboten im Internet die Spreu vom Weizen trennen.

DOMRADIO.DE: Erklären Sie kurz, was Moodle ist?

Westemeyer: Moodle bietet zunächst die Möglichkeit, dass sich Schülerinnen und Schüler mit der Lehrkraft und Materialien austauschen können und damit ihren Unterricht gestalten können. Wenn ein Schüler erkrankt und Material braucht oder der Unterricht aus welchen Gründen auch immer nicht analog, sondern digital stattfinden muss, kann er über Moodle organisiert werden. Dieses Basistool wird auch durch andere Plattformen ergänzt.

Wir haben zum Beispiel im Erzbistum Köln BigBlueButton eingeführt. Das ist eine große Plattform, mit der man auch korrespondieren und unterrichen kann, über die man sich sehen und miteinander sprechen kann. Es gibt Plattformen, in denen man auch sogenannte Breakout Räume machen kann, sodass Schüler in Kleingruppen arbeiten können. Die Lehrkräfte können bei diesen Angeboten noch viel lernen. Manchmal sind die Schülerinnen und Schüler da ja schon erheblich weiter. Aber ich sehe auch, dass die Lehrkräfte eine wirklich große Bereitschaft haben, sich darauf einzulassen.

DOMRADIO.DE: Für manche Lehrer, vielleicht gerade auch für die älteren, ist das nicht immer ganz einfach, von heute auf morgen auf digital umzustellen. Bieten Sie auch Unterstützung an?

Westemeyer: Auf jeden Fall. Es wäre nicht gut, wenn man die Lehrkräfte damit alleine ließe. Es gibt viele Angebote, damit die Lehrerinnen und Lehrer aller Altersklassen entsprechend geschult werden. Wir haben zum Beispiel vom Erzbistum Köln für unsere Schulen schon vor Corona entschieden, dass jede Lehrkraft ein Tablet bekommt, aber erst dann, wenn sie auch eine entsprechende Fortbildung gemacht hat, um pädagogisch sinnvoll damit umzugehen und Didaktik damit vernünftig aufzubereiten. Die Lernbereitschaft der Lehrkräfte ist groß, und ich würde mich schwertun zu sagen, dass das nur eine Altersfrage ist.

DOMRADIO.DE: Würden Sie sagen, die erzbischöflichen Schulen sind auf einem guten Weg?

Westemeyer: Das würde ich auf jeden Fall sagen. Ich glaube, wir sind vorne mit dabei. Auch die staatlichen Schulen werden da jetzt einiges investieren. Es gibt den Digitalpakt. Unter dem Thema Bildungsgerechtigkeit werden dabei auch Schülerinnen und Schüler, die eher aus benachteiligten Situationen kommen, in den Blick genommen. Das gilt für öffentliche Schulen wie für unsere eigenen Schulen, wo wir schon länger geplant hatten, Tablets einzuführen und diese jetzt auch schon austeilen konnten. Die sind schon im Gebrauch, während andere Schulen das erst noch planen.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Quelle:
DR
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