Der Bischof der württembergischen evangelischen Landeskirche, Frank Otfried July, hat vor niederländischen Verhältnissen bei der Sterbehilfe in Deutschland gewarnt. "In den Niederlanden haben Sterbewillige ja schon länger das Recht, Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.
Freunde dort berichten, dass sich Menschen in den Seniorenheimen zum Teil stark unter Druck gesetzt fühlen und meinen, es wird von ihnen erwartet, dass sie sich beim Sterben helfen lassen", sagte July dem Portal "evangelisch.de" am Montag.
Organisierte Suizidhilfe
Er bedauere in diesem Zusammenhang das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2020 zur Liberalisierung der Sterbehilfe. Das Bundesverfassungsgericht hatte das seit 2015 geltende Verbot organisierter Hilfe beim Suizid gekippt.
Das Gesetz sei verfassungswidrig, weil es das allgemeine Persönlichkeitsrecht einschränke, urteilten die Karlsruher Richter.
Deutliche Grenzverschiebung
Er wisse, dass es schwierige Grenzsituationen gebe, so July: "Aber es hat mich doch überrascht, dass das Gericht die Grenze so deutlich verschoben hat von einer Regelung für Ausnahmefälle hin zu einem einklagbaren Recht."
Die Kirche müsse jetzt mit einer Stärkung der Palliativarbeit und Suizidprävention darauf reagieren, "damit Menschen gar nicht erst in diese Situation geraten", fügte er hinzu.
Palliativarbeit und Suizidprävention der Kirchen
July: "Wir Theologen sagen ja, dass die wahre Freiheit in der Bindung an Gott liegt und in der Gewissensbildung durch Gott. Aber ist das für Menschen noch relevant? Das verständlich zu vermitteln, halte ich für eine große Herausforderung der kommenden Jahre."