Warum sich Deutsche beim Papst die Klinke in die Hand geben

5 Bischöfe - 2 Politiker - 1 Botschafter

In letzter Zeit geben sich Deutsche im Vatikan die Klinke in die Hand. Zuletzt kam am Montag Papstbotschafter Eterovic aus Berlin. Zwischen Franziskus und "den Deutschen" scheint es Verständigungsbedarf zu geben.

Papst Franziskus / © GYG Studios (shutterstock)

Georg Bätzing, Bertram Meier, Armin Laschet, Reinhard Marx, Heiner Wilmer, Heinz-Josef Algermissen, Christian Wulff, Nikola Eterovic - eine beachtlich lange Liste von Gästen aus Deutschland, die Papst Franziskus in den vergangenen Wochen getroffen hat. Zumal in Pandemiezeiten. Aus anderen Ländern kam zuletzt jeweils deutlich weniger Besuch zum Papst.

Gesprächsbedarf

Es scheint Gesprächsbedarf zu geben. Schon 2019 gab es teils heftige Auseinandersetzungen, nicht nur "zwischen Rom und Deutschland", auch innerhalb deutscher Kirchenkreise: die Handreichung zur Kommunion für konfessionsverschiedene Ehepaare, das Reformprojekt Synodaler Weg, der Brief des Papstes "an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland".

Dieses Jahr zunächst im Juli das Papier zu Reformen in Pfarrgemeinden, mit der Rom klare Grenzen für die Zusammenlegung von Pfarreien und die Beteiligung von Nicht-Priestern an deren Leitung setzt. Im September folgte ein von Nuntius Nikola Eterovic verschicktes Schreiben der Glaubenskongregation, mit dem der Vatikan gegenseitigen Abendmahls-Einladungen von Katholiken und Protestanten eine Absage erteilt.

Wichtige Themen

Nun sind die deutschen Gäste sicher nicht nur zum Papst gekommen, um mit ihm über diese Punkte zu sprechen. Aber diese dürften eine gewichtige Rolle gespielt haben.

"Es sollen ja Vier-Augen-Gespräche sein", wiegelten Besucher entsprechende Nachfragen ab. Gleichwohl macht sich mancher in Rom Sorgen um das Verhältnis. Selbst die linke "Repubblica" sorgte sich am Sonntag auf Seite 1 um das drohende "Schisma" aus Deutschland.

Vermittlung zwischen Deutscher Kirche und Vatikan

Augsburgs Bischof Bertram Meier stattete am 10. September dem Papst seinen Antrittsbesuch ab. Er war früher zehn Jahre lang im vatikanischen Staatssekretariat, ist daher mit der kurial-römischen Mentalität vertraut. Schon kurz nach seiner Ernennung Ende Januar sagte er, eine seiner Aufgaben sehe er darin, zwischen der Kirche in Deutschland und dem Vatikan zu vermitteln.

Mit dem gleichen Anliegen war wohl auch Heiner Wilmer am 13. Oktober aus Hildesheim zu Franziskus gekommen. Wie Meier spricht auch der frühere Generalobere der Herz-Jesu-Priester (Dehonianer) seit seiner Zeit in Rom gut italienisch, ist weltkirchlich erfahren. Es heißt, Wilmer sei eigens um Vermittlung gebeten worden.

Sorgen und Stimmen

Kardinal Reinhard Marx war Anfang und Mitte des Monats als Koordinator des Wirtschaftsrates und Mitglied des Kardinalsrates in Rom. Zwar sind Franziskus und Marx unterschiedliche Typen, doch der Papst schätzt den Westfalen, der für italienische Verhältnisse sehr direkt daherkommt, und bestätigte ihn auf beiden Posten.

Fuldas Altbischof Heinz-Josef Algermissen traf den Papst vergangene Woche kurz am Rande einer Generalaudienz. Aber auch von dort wusste er zu berichten, dass Franziskus sich Sorgen mache.

Etwas überraschend suchte vergangenen Freitag Altbundespräsident Christian Wulff den Papst auf. Er kam als Präsident der Deutschlandstiftung Integration, sprach mit Franziskus über das Thema. Gleichzeitig habe er aber auch "als Katholik dem Papst ein Stimmungsbild aus der katholischen Kirche in Deutschland geben und für den Synodalen Weg werben" wollen.

Im Dialog bleiben

Im Gegenzug verwies Franziskus noch einmal auf seinen Brief an die deutschen Katholiken und warb seinerseits dafür, im Dialog zu bleiben. Genau dieser 19 Seiten lange Brief jedoch, von Franziskus im Sommer 2019 persönlich auf Spanisch verfasst, kam in Deutschland nicht so recht an. Öffentlich fühlte sich jede Fraktion dort bestätigt. Später ärgerte sich mancher Bischof und andere Katholik darüber, fühlte sich missverstanden.

Manch einer in Deutschland empfindet den Papst aus Argentinien bisweilen als eine Art Cha-Cha-Cha-Tänzer - mit Wiegeschritt vor und zurück. Franziskus hingegen und etlichen an der Kurie sind die Deutschen oft zu forsch, zu sehr auf sich konzentriert und zu belehrend. Auch kirchlich solle am deutschen Wesen die Welt genesen, so der argwöhnische Eindruck.

Franziskus' Entscheidungen und die Deutschen

Weil der Jesuit Franziskus Reformvorschläge nicht nur an sich analysiert, sondern auch die Geisteshaltung prüft, mit der sie vorgebracht, die Sprache, in der sie formuliert werden, ist er in dem Punkt empfindlich. Und er mag es gar nicht, wenn jemand - ob konservativ oder progressiv - Entscheidungen herbeizwingen will.

Dieses Gefühl überkommt ihn wohl bei mancher Initiative aus Deutschland.

Dass für den Lateinamerikaner nicht alles überall gleich praktiziert oder offiziell geregelt werden muss, dass er (scheinbare) Gegensätze nebeneinander stehen lassen kann, ist für grundsätzlich denkende und "preußisch" empfindende Menschen schwer nachvollziehbar. Über theologische Meinungsverschiedenheiten hinaus bedarf wohl genau dieser Mentalitäts- und Kulturunterschied der weiteren Vermittlung zwischen "Franziskus und den Deutschen".

Deutscher Botschafter Eterovic

Vielleicht hat Nuntius Eterovic mit Franziskus auch darüber gesprochen. Es könnte aber auch darum gegangen sein, auf welchen Kanälen Briefe aus Rom nach Deutschland weitergereicht werden.

Der letzte zumindest, an den Konferenz-Vorsitzenden Bätzing adressiert, ging wohl in Kopie gleichzeitig an andere Bischöfe - sowie an eine Zeitung. Die Glaubenskongregation selbst hatte es abgelehnt, ihr Schreiben zu veröffentlichen. Dieses sei allein an Bätzing adressiert gewesen.

Am Montag hat Papst Franziskus seinen Botschafter in Deutschland, Nuntius Nikola Eterovic, empfangen. Zu Anlass und Inhalt der Begegnung machte der Vatikan keine Angaben.

Papst empfängt Botschafter

In den vergangenen Wochen hat Franziskus jede Woche zwei bis drei seiner Botschafter empfangen, zuletzt unter anderem die neuernannten Nuntien in Belarus und Großbritannien.

Der 69-jährige aus Kroatien stammende Eterovic ist seit 2013 Päpstlicher Nuntius in Berlin. Von 1999 bis 2004 war er Nuntius in der Ukraine, von 2004 bis 2013 Generalsekretär der Bischofssynode in Rom.

(Von Roland Juchem)


Deutsche Bischöfe mit Nuntius Eterovic (z.v.l.) / © Harald Oppitz (KNA)
Deutsche Bischöfe mit Nuntius Eterovic (z.v.l.) / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema