Die Verfassung lasse kein anderes Urteil zu, sagte er in einer am Dienstagabend von seiner Partei veröffentlichten Videobotschaft. In der ersten Wortmeldung zu dem Richterspruch von Donnerstag rief er alle Mitglieder und Sympathisanten der nationalkonservativen PiS dazu auf, die katholische Kirche vor Angriffen von Demonstranten zu schützen.
"Wir müssen vor allem die polnischen Kirchen verteidigen, wir müssen sie um jeden Preis verteidigen", so Kaczynski. Die durch das Verfassungsgerichtsurteil ausgelösten Massenproteste zielten darauf ab, Polen zu zerstören. Dieser Angriff solle jenen Kräfte zum Sieg verhelfen, deren Herrschaft im Grunde die Geschichte der polnischen Nation beenden werde. "Verteidigen wir Polen, verteidigen wir den Patriotismus", sagte er. Die Gegner der PiS hätten den Krieg erklärt.
Die Opposition kritisierte Kacyznskis Ansprache scharf. Das Aufrufen zu Hass und die Anstiftung zu einem Bürgerkrieg seien strafbar, schrieb der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Bürgerplattform (PO), Borys Budka, auf Twitter.
Polen garantiere religiöse Toleranz
Kacyznski betonte, die Morallehre der Kirche sei "das einzige Moralsystem, das allgemein bekannt ist". Es abzulehnen, sei "Nihilismus". Die Kirche könne allerdings unterschiedlich beurteilt werden. Man könne gläubig oder ungläubig sein, und Polen garantiere volle religiöse Toleranz.
Mit Verweis auf die Corona-Pandemie forderte er ein Ende der Proteste. Versammlungen von mehr als fünf Personen seien verboten. Demonstrationen würden bestimmt vielen Menschen das Leben kosten. Wer zu ihnen aufrufe, begehen ein "ernstes Verbrechen".
Das Verfassungsgericht hatte entschieden, dass künftig Schwangerschaftsabbrüche auch bei einer schwerwiegenden Fehlbildung des Fötus unzulässig sind. Damit sind Abtreibungen künftig nur noch legal, wenn die Gesundheit der Schwangeren in Gefahr ist oder die Schwangerschaft das Ergebnis einer Straftat ist. Seit dem Urteil kommt es täglich zu Straßenprotesten. Demonstranten zogen auch am Dienstagabend in vielen Städten zu Büros der Regierungspartei sowie Kirchen und Bischofshäusern.
Aktivisten hatten Gottesdienste gestört
Aus Protest gegen die Unterstützung der Kirche für ein fast völliges Abtreibungsverbot hatten Aktivisten am Sonntag mehrere Gottesdienste gestört. Zudem wurden Gotteshäuser mit Parolen beschmiert und ein Denkmal von Papst Johannes Paul II. (1978-2005) in einer Kleinstadt geschändet. Frauenrechtsgruppen hatten unter dem Motto "Das Wort zum Sonntag" dazu aufgerufen, Widerstand gegen die Gesetzesverschärfung in die Kirchen zu tragen. Sie werfen der Kirche vor, maßgeblich zu dem umstrittenen Urteil des Verfassungsgerichts beigetragen zu haben.
Die katholische Kirche rief zu einem Dialog und gegenseitigem Respekt auf. "Lasst uns keine Spaltungen verursachen, lasst uns nicht dazu beitragen, dass sie zunehmen", sagte Polens Primas Erzbischof Wojciech Polak am Montagabend. Am Mittwoch soll der Ständige Rat der Bischofskonferenz in einer außerordentlichen Videokonferenz über den Konflikt beraten. Mehrere Organisationen haben für denselben Tag zu einem landesweiten Frauenstreik aufgerufen.