Mobiles Gotteshaus im Anhänger

Wenn die Kirche zu den Menschen kommt

Corona macht Gottesdienste schwierig, gerade mit Blick auf die anstehende Weihnachtszeit. Eine evangelische Gemeinde in der Eifel hat aber eine ganz kreative Lösung gefunden: Die Kirche kommt zu den Menschen - im Anhänger. 

Mobile Kirche in Roxheim / © Gutzeit (privat)
Mobile Kirche in Roxheim / © Gutzeit ( privat )

DOMRADIO.DE: Wie kann man sich Ihre mobile Kirche vorstellen?

Sebastian Gutzeit (Pfarrer der Ev. Gemeinde Roxheim): Wir haben einen normalen, kleinen Verkaufs-Anhänger gekauft, mit einer Seitenwand, die komplett zu öffnen ist. Von außen haben wir sie beklebt, sodass sie aussieht, wie unsere Kirche hier in Roxheim. Wir haben unsere Fenster abfotografiert und sie drauf foliert. Ein weißer Anhänger - unsere Kirche ist auch weiß - mit den Fenstern drauf sieht dann aus, wie unsere Roxheimer Kirche.

DOMRADIO.DE: Und drinnen ist eine Orgel zum Beispiel.

Gutzeit: Genau. Drinnen ist alles, was man für den Gottesdienst braucht: Eine Altarwand und ein Altar zum Ausklappen, eine Kanzel zum Rausstellen. Hinter der Altarwand ist ein Platz für den Organisten, die Organistin und eine kleine elektrische Orgel.

DOMRADIO.DE: Und da haben sie mit ganz vielen helfenden Händen dran gewerkelt.

Gutzeit: Oh ja, die Idee stammt von mir und ist von mir geboren. Und wie das so ist, wenn man nicht handwerklich unbedingt so begabt ist, dann denkt man, das ist schnell gemacht, und ich bin sehr dankbar, dass wir da viele Helfer hatten, die uns geholfen haben. Und es war dann doch gar nicht so einfach. Aber es ist ganz wunderbar geworden, und alle Arbeit hat sich auf jeden Fall gelohnt.

DOMRADIO.DE: Wie wird denn so ein mobiler Gottesdienst ablaufen?

Gutzeit: Jetzt am Samstag wollen wir die Kirche einweihen, am Reformationstag, das wird dann ein einfacher Gottesdienst sein. Das heißt, wir kommen mit unserem Anhänger, bauen auf und innerhalb von fünf Minuten sind wir quasi einsatzfähig. Aber die Sache ist ja die: Wir wollen ja mobil sein. Das heißt, wenn wir an Festtagen auch Gottesdienste anbieten, mehrere hintereinander, dann kommen wir an den Ort, bauen auf, halten Gottesdienst, bauen wieder zusammen, fahren weiter an den nächsten Ort und werden dann - so geplant - zum Beispiel am Heiligen Abend drei Gottesdienste hintereinander feiern in unseren drei Kirchorten, in denen die Kirchen dieses Jahr zu Weihnachten leider leer bleiben müssen.

DOMRADIO.DE: Es ist ja erst mal ein lustig anmutendes Projekt, aber es ist auch extrem wichtig.

Gutzeit: Es ist ein ganz wichtiges Projekt, weil unsere Kirchen an Weihnachten leer bleiben müssen. Und das kann nicht sein. Wir haben an Ostern dieses Jahr die Osternacht und auch Karfreitag alleine in der Kirche gefeiert und sie dann live übertragen. Das war auch ganz wunderbar. Aber gerade an Weihnachten, in dieser Jahreszeit, das Weihnachtsfest ist für viele Menschen noch so ein wichtiges Fest, und für viele Menschen gehört der Gottesdienst einfach dazu. Und da möchte ich den Menschen dieses Gefühl, dass man zumindest auf Abstand mit vielen anderen zusammenkommt, dass man, wenn das alles klappt, Hunderte kleine Lichter brennen sieht und am Ende "Oh, du Fröhliche" hört, dieses Gefühl möchte ich den Menschen nicht vorenthalten. Und von daher: Wenn die Menschen nicht zu uns kommen können, müssen wir halt zu ihnen kommen. Und dann ist diese Idee mit dem Anhänger einfach die praktikabelste, ohne dass wir groß aufbauen müssen.

DOMRADIO.DE: Und der Kirchen-Anhänger hat auch ein besonderes Kennzeichen ...

Gutzeit: Der trägt das Kennzeichen KH für Bad Kreuznach und dann EG für das Evangelische Gesangbuch, und 395, das ist bei uns das Lied "Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr euch weist, weil Leben heißt, sich regen, weil Leben Wandern heißt".

Das Interview führte Tobias Fricke.


Sebastian Gutzeit (privat)
Sebastian Gutzeit / ( privat )
Quelle:
DR