Mahnungen beim Gedenken an die Novemberpogrome vor 82 Jahren

"Eindringliche Warnung"

Politiker und Religionsvertreter haben an die Novemberpogrome 1938 erinnert. Dieser "widerwärtige Gewaltausbruch" habe nicht den Beginn der Judenverfolgung in Deutschland markiert, so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Erinnerung an die Opfer der Pogromnacht / © Sebastian Kahnert (dpa)
Erinnerung an die Opfer der Pogromnacht / © Sebastian Kahnert ( dpa )

Dies sagte er am Montag in einer Videobotschaft an den israelischen Präsidenten Reuven Rivlin. Die Pogrome seien "auf lange Jahre der Diskriminierung, Einschüchterung und Anfeindung" gefolgt. "Und sie sind eine eindringliche Warnung an uns heute", betonte Steinmeier.

Es beschäme ihm, "dass Juden mit einer Kippa sich auf unseren Straßen nicht sicher fühlen", so der Bundespräsident. Es reiche jedoch nicht aus, die Wirklichkeit zu beschreiben: "Wir müssen handeln." Steinmeier bekannte sich erneut zum Kampf gegen den Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens.

Vorgehen gegen Antisemitismus

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) kündigte ein intensiveres Vorgehen gegen judenfeindliche Äußerungen im Internet an. "Wir werden Online-Plattformen stärker in die Pflicht nehmen, sich nicht als Schleudern von Hetze und Verschwörungsmythen missbrauchen zu lassen", sagte sie der "Rheinischen Post". Der Hass gegen Juden sei "eine Schande für unser Land".

Außenminister Heiko Maas (SPD) betonte den Wert der Erinnerungskultur. "Erinnern bedeutet, aus dem Gestern die richtigen Schlüsse für heute und morgen zu ziehen", sagte er im Vorfeld der Eröffnung einer Online-Ausstellung über sieben Orte jüdischen Lebens des Solinger "Zentrums für verfolgte Künste". Maas fügte hinzu: "Wir wissen, wohin Hass und Hetze führen können."

Die Antisemitismus-Beauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, rief jeden Einzelnen zum Eingreifen bei judenfeindlichen Äußerungen auf. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie flammten jahrhundertealte Verschwörungsmythen wieder auf, warnte sie.

Bischof Gerber warnt vor Extremismus

Bereits am Wochenende hatte der Fuldaer Bischof Michael Gerber vor Extremismus gewarnt. Gerade in unübersichtlichen Zeiten gelte es, "mit einem klaren Wertekompass unterwegs zu sein", so Gerber in einem Gastbeitrag in der "Fuldaer Zeitung". Eine Radikalisierung, "bei der Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens relativiert werden", sei offenbar schnell möglich.

Die Novemberpogrome waren eine vom nationalsozialistischen Regime organisierte und gelenkte Zerstörung von Einrichtungen jüdischer Bürger. Nach unterschiedlichen Schätzungen wurden in der Zeit vom 7. bis 13. November 1938 im damaligen Reichsgebiet zwischen 400 und 1.300 Menschen ermordet oder in den Suizid getrieben.

Zuletzt hatten die katholische und die evangelische Kirche eine bundesweite Plakatkampagne gegen Antisemitismus angekündigt. Die ökumenische Aktion "#beziehungsweise: jüdisch und christlich - näher als du denkst" soll im Januar starten. Damit sollen Gemeinsamkeiten von Juden und Christen in Festen und im religiösen Leben aufgezeigt werden, "um gegen den zunehmenden Antisemitismus klar Stellung zu beziehen, der auch christliche Wurzeln hat".

 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Yad Vashem / © Abir Sultan (dpa)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Yad Vashem / © Abir Sultan ( dpa )

 

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht / © Christoph Soeder (dpa)
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht / © Christoph Soeder ( dpa )

 

Heiko Maas (SPD), Außenminister / © Britta Pedersen (dpa)
Heiko Maas (SPD), Außenminister / © Britta Pedersen ( dpa )

 

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (dpa)
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger / ( dpa )

 

Bischof Michael Gerber / © Angelika Zinzow (KNA)
Bischof Michael Gerber / © Angelika Zinzow ( KNA )
Quelle:
KNA