Die Adventszeit im Jahr 2020 bedeutet vor allem Verzicht auf Gewohntes. Und so wird es in den nun beginnenden vier Wochen auf Weihnachten zu diesmal von allem weniger geben. Denn ausgiebiges Feiern in Pandemie-Zeiten ist einfach nicht angesagt. Jeder ist angehalten, sich persönlich einzuschränken, Kontakte im eigenen sozialen Umfeld zu begrenzen und liebgewordene Treffen – wie sonst auf dem Weihnachtsmarkt bei Glühwein und Plätzchen mit Freunden und Kollegen oder an einer festlich gedeckten Tafel mit der Großfamilie – zu meiden.
Doch das könne auch eine Chance sein, wie Domvikar Tobias Hopmann bei der diesjährigen Lichterfeier der Kölner Domsingschule im Kölner Dom positiv betonte – nämlich sich von dem üblichen Vorweihnachtstrubel nicht ablenken zu lassen, sondern auf das Wesentliche zu konzentrieren: "auf die Ankunft unseres Retters und Erlösers". Damit das ganz unabhängig von dem Vielem, was diesmal fehlt, dennoch gelingen kann, wollten die Verantwortlichen der Kölner Domsingschule bewusst an ihrer traditionellen Rorate-Messe festhalten – wenngleich aus Platzgründen diesmal nur die Kinder des kommenden Kommunionjahrganges, die Schüler der beiden dritten Schuljahre mit ihren Familien, zur Mitfeier in den Kölner Dom eingeladen waren. Doch wenigstens sie konnten eine atmosphärisch berührende Einstimmung, bei der die Flöten-AG die musikalische Gestaltung übernahm, auf die Adventszeit erleben. Denn letztlich braucht es für das, was der Seele gut tut, für die innere Vorbereitung und eine tief empfundene Vorfreude auf das Weihnachtsfest – das wollte Hopmann deutlich machen – nur wenige Zutaten: Kerzenschimmer, das gemeinsame Singen von Adventsliedern und einen geistlichen Impuls, der zu Herzen geht.
Hofer: Traurig ist, wer vor einer verschlossenen Tür steht
In diesem Advent, der so anders ist als in allen Jahren davor, tut es gut, sich noch einmal bewusst zu machen, worum es im Kern eigentlich geht. Und da kamen im Gespräch mit Schulseelsorger Burkhard Hofer die beiden Drittklässlerinnen Anna und Elena gleich auf eine ganze Menge Ideen, die für sie zum Advent unbedingt dazu gehören und die – trotz Corona – möglich bleiben: zum Beispiel gemeinsames Musizieren und den Adventskranz basteln, Kerzen anzünden und die Krippe aufbauen, die Stiefel herausstellen und Plätzchen backen, Wichteln und anderen eine Überraschung bereiten, Gemeinschaft in der Familie und zusammen in die Kirche gehen, das Haus schmücken und nicht zuletzt jeden Tag am Adventskalender ein Türchen öffnen…
Mit dem Öffnen einer Tür, griff Hofer dieses Motiv in seiner Katechese auf, ginge meist auch Neugierde auf das Geheimnisvolle, das sich dahinter verberge, einher. "Oft freuen wir uns, wenn Türen sich öffnen bei einem Besuch, auf den wir lange gewartet haben. Wir fühlen uns eingeladen und geborgen." Und traurig sei, wer vor einer verschlossenen Tür stehen müsse, weil er nicht wirklich erwünscht sei. "Dann fühlen wir uns ausgeschlossen", erklärte er anschaulich seinen jungen Zuhörern. Die Tür könne zum Auftakt des Advents zum Symbol werden und einen Hinweis darauf geben, was Jesus jedem Einzelnen mit der Frohen Botschaft auf den Weg in den Advent hinein mitgeben wolle: den Appell, jederzeit wachsam zu sein, aber eben auch Gott und füreinander die Tür des eigenen Herzens zu öffnen, wie es in dem bekannten Adventslied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ aus dem 17. Jahrhundert zum Ausdruck komme.
Mit offenen Augen sehen, wer Hilfe braucht
Darüber hinaus aber gelte es auch, Ohren, Augen und Mund zu öffnen. Wörtlich sagte Hofer den Kindern zugewandt: "Wenn unsere Ohren geöffnet sind, dann können wir Gottes Wort hören und das, was die Menschen um uns herum brauchen. Wenn unsere Augen offen sind, dann sehen wir Gottes gute Schöpfung um uns herum, und wir sehen, wo Menschen konkret unsere Hilfe brauchen. Wenn unser Mund geöffnet ist, dann können wir anderen von Gott erzählen und den Menschen tröstende Worte sagen, wenn sie traurig sind. Und wenn unsere Herzen offen sind, dann spüren wir Gottes Liebe und können liebevoll mit unseren Mitmenschen umgehen."
Die Adventszeit, blieb Hofer im Bild, lade dazu ein, Türen zu öffnen. "Dem anderen, der vielleicht darauf wartet; dem Nächsten, der nicht damit rechnet; mir selbst, um mich ein wenig besser kennenzulernen, und schließlich Gott, auf dessen Ankommen in dieser Welt wir uns vorbereiten."
Beatrice Tomasetti