Steinmeier würdigt Kniefall von Willy Brandt vor 50 Jahren

"Er bekannte mit seinem Kniefall deutsche Schuld"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat an den Kniefall Willy Brandts vor 50 Jahren erinnert. Er erinnerte auch an die polnischen Bischöfe, die zuvor "ihren deutschen Amtsbrüdern die Hand zur Versöhnung ausgestreckt" hatten.

Hausruinen in der polnischen Hauptstadt Warschau im Jahre 1945 / © PRASA (dpa)
Hausruinen in der polnischen Hauptstadt Warschau im Jahre 1945 / © PRASA ( dpa )

"Der Emigrant und Widerstandskämpfer, der selbst ohne Schuld war, bekannte mit seinem Kniefall deutsche Schuld und bat um Vergebung", sagte Steinmeier in einer Videobotschaft. Sie wird am Vormittag in Warschau bei einer Kranzniederlegung am Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos gezeigt.

Als der deutsche Bundeskanzler 1970 in die polnische Hauptstadt reiste, seien "die Wunden der Vergangenheit noch frisch" gewesen, fügte der Bundespräsident hinzu. "Der Überfall auf Polen, der mit entsetzlicher Grausamkeit von Deutschland geführte Vernichtungskrieg, der Terror und die polnischen Opfer der deutschen Besatzung, der Völkermord an den Juden. Auch Flucht und Vertreibung der deutschen Zivilbevölkerung lasteten auf den Beziehungen."

Versöhnungszeichen der Bischöfe

Steinmeier erinnerte auch an die polnischen Bischöfe, die fünf Jahre vor der historischen Geste Brandts "ihren deutschen Amtsbrüdern die Hand zur Versöhnung ausgestreckt" hatten. Die damalige Bundesregierung habe die gesellschaftlichen Impulse der Verständigung aufgegriffen, betonte er.

Der Bundespräsident begrüßte in diesem Zusammenhang die jüngste Entscheidung des Bundestags, in Berlin ein Denkmal zu errichten, um an die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Besatzung zu erinnern. Das Denkmal setze "ein sichtbares Zeichen gegen das Vergessen" und solle zugleich "ständige Mahnung für eine bessere Zukunft sein", betonte Steinmeier.

Deutsch-polnische Freundschaft

Er würdigte auch die heutige Partnerschaft zwischen Polen und Deutschland, die eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft sei: "Die Herausforderungen unserer Zeit können wir nur gemeinsam meistern." Dazu gehöre es, die Vergangenheit nicht zu vergessen: "Nicht das Leid der Menschen in Polen, nicht den historischen Mut zur Versöhnung und auch nicht einen Kniefall, der uns an all das erinnert."

Brandt war am 7. Dezember 1970 als erster westdeutscher Regierungschef nach dem Zweiten Weltkrieg nach Warschau gereist. Er legte einen Kranz am Ehrenmal für den Aufstand im jüdischen Ghetto 1943 nieder - und fiel auf die Knie, spontan und schweigend, und verharrte für eine halbe Minute. Die Bilder Brandts sind zur Ikone geworden; auf dem heutigen Willy-Brandt-Platz unweit des Denkmals erinnert ein Bronzerelief an den historischen Moment.


Quelle:
KNA