Marc Frings ist Mitorganisator, als Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.
DOMRADIO.DE: Am Mittwochabend hat das Präsidium des ÖKT getagt. Welche Entscheidung ist gefallen? Findet der Ökumenische Kirchentag trotz Pandemie statt?
Marc Frings (ZdK-Generalsekretär): Er findet statt und das ist, glaube ich, die gute, sehr positive Nachricht, die uns gestern das gemeinsame Präsidium mit auf den Weg gegeben hat. Wir haben uns darauf verständigt, dass er konzentrierter, aber auch dezentraler und digitaler stattfinden soll. Im Grunde genommen also mit einem völlig neuen Konzept und einem Format, das den aktuellen, pandemisch bedingten Rahmenbedingungen entspricht und somit auch Planungssicherheit bietet für alle, die daran teilnehmen und mitwirken wollen.
DOMRADIO.DE: Der Termin ist erst im Mai des kommenden Jahres. Hätte man da nicht vielleicht doch schon wieder einen Kirchentag ins Auge fassen können, der zum Teil auch real stattfinden könnte?
Frings: Vielleicht. Aber wir wollten vor allem realistisch planen. Realistisch heißt in unserem Fall, dass wir ganz klar die Gespräche übersetzt haben, die wir in den vergangenen Monaten und Wochen sehr intensiv mit den lokalen Behörden geführt haben, vor allem mit dem Gesundheitsamt. Das Gesundheitsamt hat uns eine sehr klare, eher düstere Prognose gegeben für die Entwicklungen der kommenden Monate bis hin zum Sommer 2021. Und deswegen haben wir gesagt: lieber planen wir so sicher, dass wir auf jeden Fall garantiert zusagen können, dass es einen ÖKT gibt, statt auf Hoffnung zu setzen. Wer weiß, wenn es besser kommt, kann man immer noch mal nachjustieren. Aber jetzt gehen wir mit einem ganz klaren Konzept, das eben anders aussieht als ursprünglich geplant, an den Start und freuen uns jetzt aber auch dann in die konkrete Umsetzung zu gehen.
DOMRADIO.DE: Die sehen die konkreten Planungen denn aus? Es soll ja nicht nur digital werden, sondern dezentral.
Frings: Genau, in erster Linie wollen wir fokussieren. Wir wollen klar den Fokus, ganz im Sinne des Leitwortes "Schaut hin“, auf die aktuellen Themen richten, aber eben auch auf die Themen, die wir uns ohnehin vorgenommen haben, weil wir sie aus christlicher Perspektive für überaus relevant erachten. Das heißt also, dass wir einen thematisch fokussierten Veranstaltungstag, vor allem am Samstag, erleben werden, wo aus in Frankfurt ganz klare Botschaften gesendet werden sollen. Wo wir doch nochmal klar machen wollen, dass Christinnen und Christen die Welt gestalten, dass wir ein starker Player sind der deutschen Zivilgesellschaft. Angesichts der aktuellen Themen, die wir beobachten, sei es der Klimaschutz, sei es Populismus, aber seien es auch die innerkirchlichen Debatten rund um die Frage: Hat sich die Kirche möglicherweise weggeduckt? Dazu wollen wir Antworten bieten, aber auch Diskussionsflächen.
Gleichzeitig wollen wir aber auch jene, die nach Frankfurt kommen wollten und es jetzt nicht mehr können, Möglichkeiten der Teilhabe ermöglichen. Dafür das dezentrale Element. Wir wollen jene Gemeinden, aber auch Verbände unterstützen, die vielleicht in ihren Heimatorten dabei sein wollen. Mit Materialien so unterstützen, dass sie nicht nur ein Public Viewing organisieren können, sondern eben auch ihre eigenen Formate so entwickeln können, dass sie das Gefühl haben, eben doch Teil der ÖKT-Bewegung zu sein, im Rahmen dessen, was jetzt noch möglich ist.
DOMRADIO.DE: Solche Kirchentage leben viel vom Gemeinschaftsgefühl, das man in einer immer säkularer werdenden Welt immer noch eine Glaubensgemeinschaft bildet, die trägt. Wie kann man das jetzt digital hinbekommen?
Frings: Ja, das wird unsere große Herausforderung sein, an der wir jetzt auch arbeiten. Es ist nicht so, dass wir jetzt komplett auf Begegnungen verzichten. Wir haben bis hierhin sehr partizipativ den ÖKT gestaltet und vorbereitet. In vielen Projektkommissionen haben ehrenamtliche Mitwirkende aus ganz Deutschland den Prozess mitgestaltet. Viele dieser Ideen werden auch weiterhin am Leben gehalten, sodass wir die Ergebnisse auch am Ende sehen werden. Aber ich glaube auch, dass das Jahr gezeigt hat, wie agil und wie divergent wir sein können. Nicht nur individuell, sondern eben auch als Institutionen. Und jetzt haben wir eben auch die Möglichkeit, weiterhin beschleunigt zu lernen und zu erfahren, wie konfessionelle Großveranstaltung der Zukunft aussehen können. Und ich glaube, dass wir damit auch unseren altbewährten Methoden der Kirchen- und Katholikentage noch mal auf den Prüfstand stellen können.
Wir setzen dafür ausnahmsweise manche dieser Methoden aus. Aber gleichzeitig können wir innovativer, moderner und digitaler werden. Und das heißt auch, dort Begegnung zu ermöglichen, wo es eben jetzt der digitale Raum sein muss. Ich glaube, dass wir uns das vor acht Monaten noch nicht vorstellen konnten. Aber ich glaube, dass wir alle dazugelernt haben. Wir haben jetzt auch noch mal ein halbes Jahr, um weiter zu lernen. Und dann denke ich, kann das auch so, digital möglich sein, dass Frankfurt auch eine Art Brückenkopffunktion einnimmt. Es kommen wieder bessere Zeiten und dann kommt auch schon der Katholikentag 2022, der Kirchentag 2023. Und auch dafür kann Frankfurt sicherlich nochmal die Vorfreude steigern.
DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie haben auch schon an die Christentreffen der nächsten Jahre gedacht.
Frings: Das sind ja wieder klassische Veranstaltungen von Deutschem Evangelischen Kirchentag und Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Ich glaube, wir müssen hier zweierlei bedenken: Zum einen geht es um einen respektvollen Umgang mit dem ökumenischen Erwartungsmanagement mit Blick auf Frankfurt. Frankfurt soll als singuläres Ereignis funktionieren. Es fanden viele Vorarbeiten statt, um der Ökumene ein Gesicht zu geben, um auch nochmal abzubilden, wie hier Weiterentwicklungen stattfanden in den verschiedenen Gremien und Kommissionen.
Aber ich glaube auch, und da bediene ich mich noch mal dem Bild des Brückenkopfes, dass wir schauen können, schon jetzt, wie der Katholikentag und der Kirchentag auch ökumenischer aussehen können. Wir sind da als ZdK natürlich weiter, weil der Stuttgarter Katholikentag 2022 ein Stück näher ist. Wir haben in der Leitung bereits entschieden, dass in Stuttgart die Ökumene eine große Rolle spielen wird. Beispielsweise wird es den ACK-Mitgliedern (Arbeitskreis Christlicher Kirchen, Anm. d. Red.), also auch den christlichen Kirchen hier in Deutschland, den kleineren christlichen Kirchen in Deutschland. Denen soll der Zugang zum Programm, zu den Bewerbungsverfahren erleichtert werden, sodass wir viel mehr Ökumene auch in Stuttgart erleben werden und insofern auch hier die Verantwortung ernst nehmen, angesichts des veränderten Konzepts für den dritten ÖKT in Frankfurt.
Das Interview führte Dagmar Peters