Kölner Domkapellmeister zur Planung der Weihnachtsmessen

"Chöre werden nicht singen"

Für junge Sängerinnen und Sänger ist es immer ein besonderes Erlebnis, an Weihnachten im Kölner Dom zu singen. Die Adventskonzerte wurden schon vor Monaten abgesagt. Nun werden die Chöre auch an Weihnachten schweigen.

Gesangbücher eines Kirchenchores / © Elisabeth Rahe (KNA)
Gesangbücher eines Kirchenchores / © Elisabeth Rahe ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Zeit vor und an Weihnachten ist normalerweise besonders geschäftig bei der Dommusik, denn viele Konzerte und Gottesdienste fordern die Chorleiter und Chormitglieder gleichermaßen. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Die Regensburger Domspatzen haben schon angekündigt, dass sie an Weihnachten nicht in ihrem Dom singen können, weil die Lockdown-Bestimmungen in Bayern das nicht zulassen. Wie planen Sie für Ihre Chöre?

Prof. Eberhard Metternich (Domkapellmeister und Leiter der Kölner Dommusik): Bei uns ist es etwas anders gelagert. Wir haben Anfang der vergangenen Woche entschieden, auch nicht mit den Chören zu singen, obwohl es in Nordrhein-Westfalen erlaubt ist. Die Kinder sollen früher aus der Schule raus, zuhause bleiben und sich isolieren, damit sie an Weihnachten ihre Großeltern sehen können. Da vertreten wir den Standpunkt, dass wir dann nicht die Kinder zum Singen zusammentrommeln können.

DOMRADIO.DE: Wie muss man sich dann die musikalische Gestaltung vorstellen, wenn die Chöre nicht singen?

Metternich: Das ist etwas problematisch. Wir Dommusiker haben die Krise und die andere Gestaltung, die wir jetzt zu konzipieren haben, auch als Möglichkeit gesehen, anders an diesen Gottesdienst heranzugehen. Gestern Abend haben wir aber die Anweisung bekommen, welche Lieder wann gesungen werden sollen. Von daher kann ich momentan nicht sagen, was passiert. Es gibt kein Chorsingen, aber es wird gesungen, in welcher Form auch immer.

DOMRADIO.DE: Das heißt, es könnte sein, dass eine Schola da sein wird oder zumindest ein Kantor, der singt.

Metternich: Ein Kantor ist auf jeden Fall vorgesehen.

DOMRADIO.DE: An Weihnachten im Dom zu singen, ist für junge Sängerinnen und Sänger sicher ein Highlight. Was bedeutet es für die Chöre, wenn das ausfallen muss?

Metternich: Das ist für die Chöre und Chormitglieder wirklich eine sehr schwere Situation. Denn in der Adventszeit gibt es viele Konzerte, es gibt viele besondere Gottesdienste und als Abschluss, quasi zum Höhepunkt, das Weihnachtsfest selbst. Die Konzerte sind jetzt alle schon Monate vorher abgesagt worden. Wir haben auch bewusst gesagt, dass wir uns ganz auf die Gestaltung der Gottesdienste konzentrieren. Jetzt ist noch nicht einmal das möglich. Das wird für viele ein ganz großer Verlust sein. Wir erleben das auch in den Rückmeldungen. Wenn wir Kinder oder Jugendliche für Gesang anfragen, kommen sofort viele Zusagen. Alle würden gerne singen, aber es ist leider nicht möglich.

DOMRADIO.DE: Wie schaffen Sie es denn in diesem Moment, die Chor-Gemeinschaft zusammenzuhalten?

Metternich: Indem wir Kommunikation betreiben. Wir haben jetzt im Advent für jeden Adventssonntag einen kleinen Videogruß zusammengestellt und sind ein bisschen auf unsere Situation eingegangen. Wir haben versucht, die Kinder und Jugendlichen, aber auch die ganzen Familien in dieser Situation aufzufangen.

DOMRADIO.DE: Frust und Ärger ist Ihnen anzuhören. Aber Weihnachten ist ja auch ein Fest der Hoffnung. Was macht Ihnen denn trotz Corona Hoffnung für Ihre Arbeit mit den Sängerinnen und Sängern?

Metternich: Bei uns merkt man, dass durch diese besondere Situation auch Kreativität freigesetzt wird. Dazu zählt vor allem der Kanon von Oliver Sperling, den er extra für diese Advents- und Weihnachtszeit komponiert und auch getextet hat: "In das Dunkel unserer Zeit strahlt dein Licht, Jesus Christ". Das ist für uns zum Motto geworden. Ich habe in meinem letzten Brief an unsere Chormitglieder geschrieben, dass der Impfstoff natürlich das Hoffnungszeichen ist, sodass ein Ende dieser Pandemie in Sicht ist. Das kann man auch an Weihnachten ein bisschen als Licht in der Dunkelheit sehen.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Domkapellmeister Eberhard Metternich / © Beatrice Tomasetti  (DR)
Domkapellmeister Eberhard Metternich / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR
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