Es verwundere nicht, dass zu den Herausforderungen dieser Zeit von der Kirche kaum etwas zu hören sei, schreibt Wolf in einem Beitrag für den "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag).
"Denn wer wollte notorischen Lügnern glauben?" Amtsträger hätten mit dem Totschlagargument "Gott will es" Kinder und Jugendliche missbraucht. Andere Kirchenvertreter hätten diese Taten verdunkelt und vertuscht. "Die Zeichen der Zeit ehrlich zu erkennen, hieße radikale Umkehr und Buße; hieße Rücktritt und Bestrafung der Verantwortlichen."
Forderung nach Reformen
Wolf fordert zudem "effektive Reformen sofort, statt falsche Hoffnungen auf 'Synodale Wege' zu wecken, die am Sankt Nimmerleinstag immer noch nicht an ein Ziel gelangt sein werden". Ihren Reformdialog Synodaler Weg startete die katholische Kirche in Deutschland vor rund einem Jahr.
Bischöfe und Laien sprechen darin über die vier Themenfelder Frauen, Macht, Sexualmoral und priesterliche Lebensformen. Obwohl vor Beginn des Synodalen Wegs Verbindlichkeit festgelegt wurde, zeigen sich einige Bischöfe skeptisch. Zudem hat die Corona-Pandemie die ursprünglich bis Herbst 2021 angelegte Initiative um ein Jahr verlängert.
Eigentlich gebe es viele Bereiche, die "im Licht der christlichen Botschaft" nach einer Deutung verlangten, schreibt Wolf. Der Theologe nennt ethische Fragen in der Corona- sowie in der Klima-Krise als Beispiele. Doch gerade in der Pandemie beschäftige sich die Kirche fast ausschließlich mit sich selbst, etwa mit Zugangsbedingungen und Sitzordnungen.
Wenig Kreativität
Von echter Kreativität, tatsächlich einmal 'Stille Nacht' zu feiern, ist - von rühmlichen Ausnahmen abgesehen - nichts zu spüren", so Wolf.
Der Historiker pocht auf radikale sowie zügige Reformen. "Sonst verkommt die Kirche zu einer fundamentalistischen Sekte, mit der kein Mensch von heute mehr seine Sorgen und Hoffnungen teilen will."