ZdK-Präsident Sternberg ist zufrieden mit neuem CDU-Chef

"Armin Laschet ist alles andere als ein Taufschein-Katholik"

Der ehemalige Kirchenzeitungs-Chefredakteur Armin Laschet hat die Stichwahl um den CDU-Vorsitz gewonnen. Das freut Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, am 4. Juli 2019 in Essen. / © Julia Steinbrecht (KNA)
Armin Laschet, Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, am 4. Juli 2019 in Essen. / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Er hat aber auch klare Erwartungen an den neuen Vorsitzenden.

DOMRADIO.DE: Sie sind auch CDU-Politiker, kennen Armin Laschet nicht zuletzt auch aus dem NRW-Parteivorstand. War dieses Ergebnis für Sie so zu erwarten?

Thomas Sternberg (Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken): Ob es zu erwarten war, weiß ich nicht. Es war mein Tipp und es war meine Vermutung, weil Delegierte nochmal anders denken und abstimmen als irgendwelche Umfragen, von denen man nicht weiß, auf welcher Basis sie gemacht werden.

DOMRADIO.DE: Sie haben sich aber gefreut, dass es für Herrn Laschet ausgefallen ist?

Sternberg: Das kann ich so sagen. Das sage ich auch nicht nur als politischer Mensch und ehemaliger Politiker, sondern das sage ich auch als ZdK-Präsident.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet die Wahl von Armin Laschet zum Bundesvorsitzenden der CDU für das "C" in der Partei, also für christliche Werte, mit denen diese Partei ja politisch agieren sollte?

Sternberg: Ich glaube, dass deutlich ist - Armin Laschet hat es auch schonmal gesagt - dass das "C" eben nicht für konservativ steht, sondern dass dieser christliche Anspruch umzusetzen ist. Denn Armin Laschet ist alles andere als ein Taufschein-Katholik. Er hat sich in so vielen Bereichen engagiert, unter anderem im ZdK von 2007 bis 2016. Ich glaube, da haben wir jemanden, der nicht nur kirchlich ist, sondern dem auch unsere christlichen Intentionen wichtig sind.

Das ist, was ich ihm hoch anrechne: dass er auch in diesen sehr aufgeheizten Jahren 2016 und 2017, als die Flüchtlingsthematik oben auf der Liste stand, sich nicht wie viele andere seiner Kolleginnen und Kollegen hat dazu überreden lassen, da zu wackeln und nachzugeben. Er hat immer ganz klar die Position gehalten, die er auch schon als erster Integrationsminister dieses Landes gehalten hat und die er gestern bei seiner Bewerbungsrede gleich als allererstes brachte, als er seinen Vater zitierte: "Unter Tage kommt es nicht darauf an, woher einer kommt, sondern ob man sich auf ihn verlassen kann."

Das sind die entscheidenden Dinge. Solche Aufstiegsbiographien – das ist ein ganz großes Thema bei ihm – das ist etwas, was ihn geradezu antreibt. Dass Menschen in diesem Land etwas erreichen können, etwas schaffen können, unabhängig davon, ob sie nun Christen sind, ob sie schon immer in Deutschland gelebt haben und anderem. Das ist, glaube ich, schon ganz wichtig bei ihm.

DOMRADIO.DE: Friedrich Merz hat sich im Vorfeld der Parteitagswahl prinzipiell dagegen ausgesprochen Flüchtlinge aus Lagern in Griechenland oder Bosnien aufzunehmen. Das ZdK als höchstes Laiengremium der Katholiken bei uns im Land hat sich immer wieder dafür stark gemacht und gefordert die "Asyl- und Menschenrechte in der EU zu gewährleisten". Die christliche Verantwortung bei diesem Thema ist klar. Was erwarten und fordern Sie bei diesem Punkt von Armin Laschet?

Sternberg: Dass er da auch seine europapolitischen Kontakte und Prinzipien ins Spiel bringt, um zu einer deutlich besseren europäischen Lösung in der Flüchtlingsfrage zu kommen. Etwa dem Skandal, wie im Moment in dieser Kälte Flüchtlinge in Griechenland und in Bosnien ausharren müssen. Dass er sich da einsetzt und dass er da besonders intensiv arbeitet. Das wird er auch tun. Da bin ich absolut sicher. Er war immerhin der erste Integrationsminister, den es in Deutschland jemals gegeben hat.

DOMRADIO.DE: In seiner Rede beim digitalen Parteitag gestern sagte Laschet, Deutschland brauche keinen CEO, keinen Vorstandsvorsitzenden, sondern einen Mannschaftskapitän. Es wird aber doch nicht leicht für ihn mit Blick auf einen mögliche Koalition mit den Grünen – recht umstritten in der Partei – und auch mit Blick auf die Gefahr von Rechts, namens AfD, oder?

Sternberg: Diese völlig glasklare Abgrenzung gegen die AfD kommt ja auch aus der Überzeugung, dass für einen katholischen Gläubigen Nationalismus und nationale Verengung schlechterdings nicht gehen. Entweder wir sind katholisch, das heißt allumfassend und global, in einer Kirche, die keine Nationalgrenzen kennt. Oder wir sind Nationalisten. Beides geht nicht. Ich glaube, da hat er eben eine sehr klare Positionierung und die wird da auch arbeiten.

Natürlich ist das alles jetzt eine sehr schwierige Situation für ihn. Ich kann gut verstehen, dass Journalistinnen und Journalisten immer ein hohes Interesse daran haben, zu wissen, was übermorgen passiert. Aber ich denke, allein schon mal die Nachricht wahrzunehmen, die jetzt da ist und zu sehen, was jetzt eigentlich passiert ist und was wir zu erwarten haben, das scheint mir doch auch sehr wichtig zu sein.

DOMRADIO.DE: Ich habe es ja gerade schon angesprochen: Er hat sich selbst als Mannschaftskapitän beschrieben und sie haben seine integrativen Fähigkeiten auch schon betont. Wie kann ihm gelingen, auch innerhalb der Union, die Fronten wieder zusammenzubringen?

Sternberg: Man konnte sich bei dem digitalen Parteitag sehr schlecht Eindrücke machen, man sieht ja die anderen nicht und hat ja nur diese elektronische Wahrnehmung. Ich hatte gestern schon den Eindruck, dass auch in den Kommentaren im Chat sehr viele deutlich machten: Das ist die CDU, die ich will und ich will keine rein konservative Partei haben in irgendeinem Parteienspektrum, sondern ich möchte eine Partei der Mitte haben, die sich dieser C-Tradition besinnt.

Diese C-Tradition hat nun eben etwas damit zu tun, dass es im Bereich des Sozialen, des Internationalen und auch der Kultur, Verantwortungen gibt, die man übernehmen muss.

DOMRADIO.DE: Natürlich ist der CDU-Vorsitz eng verbunden mit der Frage der Kanzlerkandidatur. Da will und muss Laschet sich ja jetzt erst mal mit CSU-Chef Söder beraten. Wie wird der Ausgang dieser Beratungen sein? Was denken Sie?

Sternberg: Das ist ja nicht nur eine Beratung unter zwei Personen. Da laufen jetzt eine Menge von Prozessen ab und die sind hochkomplex. Was ich für ganz wichtig halte, ist, was er auch gesagt hat: Dass jetzt im Moment in einer so wirklich schrecklichen Lage mit Corona, bei der viele Leute um ihre Existenz bangen und darum, ob ihr Betrieb zu halten ist, ob sie an ihrem Arbeitsplatz halten können.

In solchen existenziellen Nöten, wo die Leute Angst und Sorge haben und zu Hause sitzen, sollte man nicht anfangen, Themen zu bearbeiten, die - zumindest heute - noch nicht auf der Tagesordnung stehen, sondern bei denen man sagen muss: Wir lassen die auch mal reifen. Im März werden wir dazu mehr sagen können. Ich bin jetzt erst mal froh, dass wir einen ehemaligen Kirchenzeitungs-Chefredakteur – sowas ist ja auch ungewöhnlich – als Vorsitzenden der größten Partei in Deutschland haben.

 

Thomas Sternberg / © Harald Oppitz (KNA)
Thomas Sternberg / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR