Wie ergeht es Klöstern in der Pandemie?

"Ernste wirtschaftliche Krise"

Müssen Nonnen Hunger leiden? Das befürchtet eine Zeitung in Österreich. Weil dem Karmel in Mayerling die Touristen fehlen, bleiben auch die Einnahmen weg. Unterstützung gibt es aus dem Stift Heiligenkreuz, der ein wenig Entwarnung gibt.

Das Karmelitinnenkloster Mayerling in der Nähe von Wien. / © Michael Warwick (shutterstock)
Das Karmelitinnenkloster Mayerling in der Nähe von Wien. / © Michael Warwick ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: "Nonnen bitten um Essensspenden" - Die Überschrift in der Kronen-Zeitung war ziemlich reißerisch. Müssen die Schwestern im Karmel Mayerling im Moment wirklich Hunger leiden?

Pater Johannes Paul Chavanne (Zisterzienser aus dem Stift Heiligenkreuz in Österreich): Absolut nicht, sie sind bestens versorgt. Sie haben eine funktionierende Heizung und sie haben natürlich genug zum Essen. Nach dieser Zeitungsüberschrift haben sie noch mehr bekommen, weil viele Leute Lebensmittel gespendet haben. Da ist überhaupt kein Mangel und kein Bedarf mehr. Die Geschichte war überpointiert und sie war sicher auch ein bisschen reißerisch, wie das halt Journalisten gerne machen.

Die Geschichte dahinter, die stimmt. Den Schwestern ist der Tourismus seit Corona weggebrochen und damit faktisch ihre einzige Einnahmequelle. Und dadurch haben sie wirtschaftlich durchaus ernste Sorgen. Wenn da keine Touristen mehr hinkommen, dann werden sie eine neue Perspektive suchen müssen. Und wie die genau ausschaut, das ist noch eine offene Frage.

DOMRADIO.DE: Jetzt ist der Karmel in Mayerling wahrscheinlich nicht das einzige Kloster, das in Österreich vor allem von Tourismus lebt. Haben Sie Kontakte in andere Klöster? Wird die Situation da auch brenzlig, wenn sie im Moment vom Tourismus leben?

Pater Johannes Paul: Wir haben natürlich mit vielen Klöstern Verbindungen, Kontakte und Freundschaften. Den Klöstern geht es da so wie allen anderen Einrichtungen und allen anderen Betrieben. Ein Kloster ist nicht nur ein Betrieb, aber ein Kloster muss auch von etwas leben. Ich kann vor allem natürlich nur von uns sprechen.

Hier im Stift Heiligenkreuz sind seit dem Ausbruch der Pandemie die Touristen weggebrochen. Das heißt also, alles, was durch den Tourismus an Einnahmen gekommen ist, ist weg. Der Klostergasthof ist zu, der Klosterladen ist zu. Natürlich spüren wir das auch.

DOMRADIO.DE: Sie leben ja größtenteils von Spenden, die reinkommen. Das sind Leute, die Sie besuchen oder die vielleicht auch zum Gottesdienst kommen. Ist es da im Moment so, dass auch die Verbindung zu den Leuten verloren geht, wenn sie nicht vorbeikommen können?

Pater Johannes Paul: Wir versuchen natürlich vor allem über das Internet und über unsere Streaming-Angebote mit den Leuten in Kontakt zu bleiben. Und bemerken, dass das sehr gut angenommen wird - aus mehreren Gründen. Die Leute haben mehr Zeit zu Hause, mehr Zeit vor dem Computer und können auch mehr Streaming-Angebote anschauen.

Andererseits ist irgendwo auch doch die Suche nach Sinn und nach geistlichem Inhalt und nach Glaube und nach Hoffnungsbotschaften. Sehr stark verspüren wir, dass die Nachfrage stärker geworden ist. Was Spenden betrifft, ist mein Eindruck, und das habe ich auch von anderen schon gehört, dass in Zeiten der Krise auch ein Solidaritätspotenzial durchaus da ist. Dass, wo echte Not ist, da sind die Menschen auch bereit zu helfen. Und das haben die Schwestern im Karmel gespürt.

Da gab es wirklich sehr, sehr viel Solidarität, sehr viel gute Kontakte und auch viele Spenden. Und das ist tatsächlich etwas, wofür man ganz tief und herzlich Danke sagen muss. Denn es gibt einfach eine gute Perspektive, zumindest mittelfristig. Den Rest muss man abwarten. Wir hoffen natürlich, die große Hoffnung ist, dass die Zeiten wieder besser werden.

DOMRADIO.DE: Jetzt gibt es den Lockdown bei Ihnen in Österreich ja auch schon ziemlich lange. Tourismus ist seit März nicht richtig möglich. Können die Klöster in Österreich denn noch länger durchhalten? Oder gibt es da irgendetwas, was die Politik machen könnte, um es Ihnen und den Ordensleuten in den Klöstern ein bisschen leichter zu machen im?

Pater Johannes Paul: Also ich würde mich da jetzt zurückhalten, irgendwelche Forderungen zu stellen. Ich glaube, das große Anliegen, und das sind nicht nur die Klöster, die das haben, sondern alle Menschen, die in Europa und auf der ganzen Welt leben, ist einfach, dass alle in ihrem Bereich möglichst alles tun, damit wir über diese gesundheitliche Krise hinwegkommen. Und dass wir dann auch über diese Wirtschafts- und Sozialkrise, die dadurch entstanden ist, möglichst bald hinwegkommen.

Ich glaube, das ist für uns alle eine Herausforderung. Natürlich auch eine Gelegenheit nachzudenken. Wir werden wahrscheinlich nach der Pandemie alle ein bisschen anders leben, vielleicht auch in manchem bewusster leben, vielleicht auch solidarischer leben, vielleicht auch einfacher in unserem Lebensstil werden. Das sind dann vielleicht auch Sachen wo wir sagen, da haben wir was dazugelernt. Das hoffen wir alle.

Und trotzdem ist die Hoffnung vor allem, dass wir wieder sicher und ohne Angst einander begegnen können, auch in den Gottesdiensten, in der Messe, aber auch im Tourismus, in der Gastronomie, überall. Damit wir einfach wieder leben können und auch etwas haben, wovon wir leben können. Es gibt, das möchte ich auch deutlich noch einmal dazu sagen, Menschen, die es noch um einiges härter erwischt hat als uns hier.

Wie gesagt, im Karmel, da ist es schon eine ernste wirtschaftliche Krise gewesen. Aber für Leute, die ihren Job verloren haben und nicht wissen, wie es weitergeht und wie sie ihre Wohnung zahlen und wie sie ihre Familie ernähren sollen, das sind dann schon sehr, sehr, sehr ernste Themen. Da sind wir alle gefragt. Kirche, die Klöster und die Politik.

DOMRADIO.DE: Sie haben Solidarität angesprochen. Was wäre denn zum Beispiel etwas, was Ordensleute und Klöster da im Moment leisten können für die Menschen, die zum Beispiel gerade unter den wirtschaftlichen Folgen leiden?

Pater Johannes Paul: Also ich sage mal: Punkt eins, und vielleicht werden das manche jetzt belächeln, aber ich meine das ganz tief und ganz ernst, wir beten für die Menschen. Das ist unsere Hauptaufgabe und unser Hauptanliegen. Und natürlich dort, wo es Möglichkeiten gibt, auch wirtschaftlich zu helfen oder wirtschaftlich solidarisch zu sein, dann muss man das machen.

Und das werden wir auch machen, definitiv, in allen Bereichen, wo es uns möglich ist. Dass wir eben auch auf die Schwestern im Karmel aufmerksam gemacht haben. Denn, wie gesagt, die Situation dort war schwierig.

Das Interview führte Gerald Mayer.


Quelle:
DR