"Um einmal eine Reaktion zu zeigen auf die Forderung von Rettung von Leben aus christlicher Verantwortung. Diese Mail kam heute. Ist das christliches Abendland?" So kommentierte der Mainzer Bischof am Montagabend auf Facebook und stellte im Wortlaut eine Rückmeldung ein, die er auf seine Forderung erhalten habe.
Darin wird dem Mainzer Bischof vorgeworfen, er würde die europäische Gesellschaft zu Gunsten von Wirtschaftsmigranten "opfern". Wörtlich heißt es in dem Text: "Nur wenn's uns denn wieder gut geht, nur dann können die gefühlsduseligen Gutmenschen weiter Wirtschaftsflüchtlinge, Schmarotzer, Kriminelle in humanitärer Lösung aufnehmen und Zeit ihres Lebens unterhalten."
"Wir müssen handeln"
Der Mainzer Bischof hatte vergangene Woche eine humanitäre Lösung für die europäischen Flüchtlingslager angemahnt. "Wir müssen handeln", sagte er bei einer digitalen Veranstaltung der Bistumsakademie Erbacher Hof, wie das Bistum Mainz am Samstag mitteilte.
Jeder solle im Rahmen der eigenen Möglichkeiten aktiv werden und dabei nicht zwischen lokaler und globaler Verantwortung unterscheiden. "Beides muss im Blick bleiben", betonte Kohlgraf. Er verwies auf die biblische Geschichte vom Barmherzigen Samariter: Dieser habe "einfach geholfen, ohne nach Gründen oder Schuld zu fragen."
Angesichts dessen, was Europa leisten könnte, drohe im Hinblick auf die Lager auf den griechischen Inseln eine moralische Bankrotterklärung, sagte der Bischof weiter. "Wer so mit Menschen umgeht, der verrät den Glauben, für den Europa mal gestanden hat."
Hasskommentare gegen Bischöfe
Dabei ist Kohlgraf nicht der einzige Bischof, der sich des Öfteren kritischen Kommentaren stellen muss, wenn er zu Solidarität mit Flüchtlingen oder Menschen mit Migrationshintergrund aufruft. Bis vor Gericht ging 2016 ein Streit des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick mit der AfD. Eine Kampagne der Partei brachte ihm Hassbotschaften bis hin zu Todesdrohungen ein. Auslöser war ein Interview mit den "Nürnberger Nachrichten": Die Kirche würde auch einen Bundespräsidenten muslimischen Glaubens akzeptieren, falls dieser gewählt würde. Die AfD machte daraus auf Facebook: "Kirche: muslimischer Bundespräsident denkbar".
Schick lässt sich nicht von den Drohungen einschüchtern. Immer wieder warnt er in seinen Predigten und Tweets vor Nationalismus und Populismus. Und er wirbt dafür, mit den Urhebern von Hassbotschaften im Gespräch zu bleiben. "Vielleicht kommen wir doch auf eine gemeinsame Basis und können dann miteinander als gute Christen leben und das auch in unserer Gesellschaft noch mehr verwirklichen."