DOMRADIO.DE: Es ist für viele von uns selbstverständlich, dass man die Bibel unterwegs dabei haben und darin lesen kann. Zu Hause steht sie als Buch im Regal und für unterwegs gibt es sie als Taschenbuch. Für blinde oder sehbehinderte Menschen ist das allerdings gar nicht so einfach. Gibt es die Bibel in Brailleschrift?
Nina Odenius (DOMRADIO.DE-Volontärin): Ja, die Bibel gibt es tatsächlich in Brailleschrift. Es gibt sogar die verschiedenen Ausgaben, wie zum Beispiel die BasisBibel oder die Lutherbibel und natürlich auch die neue Einheitsübersetzung. Dazu muss man aber sagen, dass die Brailleschrift viel mehr Platz braucht. Deswegen ist es so, dass je nach Sprache und Format der Bibel man dann in Brailleschrift 30 bis 50 Bände im Wohnzimmer stehen hat.
Es gibt die Bibeln auch in Großdruck für Menschen, die zwar schlecht sehen, aber noch große Schrift lesen können. Da gibt es auch verschiedene Ausgaben. Es gibt einmal eine Ausgabe, die drei Bände umfasst, was ja noch verhältnismäßig geht. Aber es gibt auch eine Ausgabe, die 21 Bände umfasst, mit sehr großer Schrift.
DOMRADIO.DE: Das ist dann in der Tat eine ganze Menge. Die kann man sich nicht so einfach ins Wohnzimmer stellen oder für unterwegs mitnehmen. Wie viel kostet so eine Braille-Bibel?
Odenius: Das hängt vom Format und von der Größe ab, wie viele Bände es tatsächlich sind. Aber man kann eigentlich davon ausgehen, wenn man die komplette Bibel in Brailleschrift kaufen würde, dass man mehrere Hundert Euro ausgeben müsste. Man kann die Bücher und Bände natürlich auch einzeln kaufen. Dann hat man ungefähr 12 Euro, die man pro Band bezahlen muss. Das ist schon ein Vorteil, dass man sich zum Beispiel zwei Evangelien kauft und somit nur zwei Bände im Regal stehen hat.
DOMRADIO.DE: Die Hörbücher sind seit Jahren sehr beliebt bei uns. Es gibt die Bibel auch als CD oder im MP3-Format. Wäre das eine Alternative?
Odenius: Das ist auf jeden Fall eine Alternative. Ich finde aber, es ist eine schöne Sache, wenn man zu Hause sitzt, das Wort Gottes auf sich wirken lässt und einfach nur hört. Da ist natürlich eine Hör-Bibel als CD oder MP3 gut geeignet. Es ist allerdings schwierig, diese in den Gottesdienst mitzunehmen, weil man dann mit Kopfhörer in der Kirche sitzen müsste. Eine weitere Schwierigkeit bei Hör-Bibeln ist, dass zwar beispielsweise das Evangelium genannt, aber die Versnummer meistens nicht angesagt wird. Deswegen ist es schwierig, bestimmte Stellen zu suchen.
DOMRADIO.DE: Wie sieht das mit Online-Angeboten aus?
Odenius: Da gibt es ganz viele verschiedene Internetseiten, wo man die Bibel in verschiedenen Sprachen oder Übersetzungen lesen kann. Die Bibel gibt es auch als App und als E-Book. Dabei ist es sehr wichtig zu sagen, dass sie barrierefrei sind. Diese Angebote sind überwiegend also mit der Vorlese-Software bedienbar.
Der Vorteil, den ich bei der Bibel im Internet sehe, ist, dass man meistens Suchfelder hat und man da die entsprechende Textstelle eingeben kann. Die taucht dann sofort auf, man muss nicht blättern und ist schnell an der gewünschten Textstelle. Menschen, die große Schrift brauchen, können sich dann am Computer die Schrift individuell einstellen.
DOMRADIO.DE: Jetzt wurden verschiedene Varianten vorgestellt. Wie liest du denn persönlich die Bibel?
Odenius: Ich hab das Johannesevangelium in Brailleschrift bei mir stehen. Das hab ich mal zum Geburtstag geschenkt bekommen und hab mich sehr über die Geste, ein Evangelium zu schenken, gefreut. Ich hatte früher eine Software auf CD-ROM, auf der die Bibel war. Mittlerweile bin ich aber dazu übergegangen, die Bibel online im Internet zu lesen. Das hat den Vorteil, dass ich mir die Textstellen für den Gottesdienst über einen Blindenschrift-Drucker ausdrucken könnte oder sie auf ein Notizgerät ziehen kann, was dann auch Braille ausgibt. Das kann ich auch einfach in die Kirche mitnehmen und muss keinen Laptop dabei haben.
Ich persönlich lese die Bibel und höre sie nicht über die Sprachausgabe. Es gibt ein kleines Gerät, sodass ich auch die Brailleschrift am Computer wirklich mit den Fingern lesen kann. Ich finde dieses Lesen mit den Fingern sehr viel intensiver, als es mir nur anzuhören. Deswegen bin ich ein großer Fan davon, die Bibel wirklich zu lesen, auf sich wirken zu lassen und bin wirklich sehr froh, dass es die Online-Angebote gibt und ich mir nicht 40 oder 50 Bände in Brailleschrift ins Wohnzimmer stellen muss.
Das Interview führte Carsten Döpp.