Chorexpertin hofft auf Neuanfang nach dem Lockdown

Faktisches Berufsverbot

Die Berliner Kirchenmusikerin und Chorleiterin Cornelia Ewald hält den vom Lockdown verursachten Schaden für die Amateurmusik für noch unkalkulierbar. Besonders bitter sei für Kulturschaffende, dass ihre Konzepte wenig berücksichtigt wurden.

Chormitglied in der Johanneskirche in Eltville-Erbach  / © Andrea Enderlein (epd)
Chormitglied in der Johanneskirche in Eltville-Erbach / © Andrea Enderlein ( epd )

Für die meisten Ensemblemusiker und -musikerinnen im Amateurbereich sei "eine der wichtigsten und seelisch aufbauendsten Freizeitaktivitäten" entweder ganz entfallen oder auf ein kaum erträgliches Maß reduziert worden, sagte die Landessingwartin der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

"Manche kirchlichen Chöre und Bläserchöre ruhen jetzt ein ganzes Jahr, andere haben Zuflucht im Freien oder bei Zoom gesucht", sagte Ewald. Den Kinderchören fehle ein ganzer Jahrgang. Die Konsequenzen seien noch unübersehbar und würden sich wohl erst nach und nach offenbaren.

Arbeit systematisch demontiert

Die pandemiebedingten Proben- und Auftrittsverbote für Chöre und Ensembles kämen einem faktischen Berufsverbot gleich, so Ewald weiter: "Wir haben - wie viele Berufszweige - zusehen müssen, wie unsere Arbeit systematisch demontiert wurde." Die wenigen Hilfsangebote seien erst spät angekommen und hätten nur bedingt oder gar nicht gegriffen: "Während Industriezweige großzügig entschädigt werden, empfinden Künstler, Schauspieler und Kreative einen mehr als bitteren Beigeschmack, wenn ihre Lebensrealität keine Berücksichtigung in Ausgleichs- und Entschädigungsangeboten findet."

"Angst hat die Feder geführt"

Ewald kritisierte, "dass die guten Konzepte mit Hygiene- und Abstandsregelungen, die nachweislich funktionieren und auf wissenschaftlicher Basis stehen, in den Entscheidungen von Politik und Kirche nicht genügend Berücksichtigung gefunden haben." Die Angst habe bei vielen Entscheidungen die Feder geführt, sagte die Musikerin weiter. Sie wünsche sich, "dass Kompetenzen abgefragt und genutzt werden, um daraus zu lernen, wie mit Krisen aktiv umgegangen werden kann".

Mit Blick auf künftige Pandemien empfiehlt Ewald Ensembleleiterinnen und -leitern, "sich mit allen digitalen Möglichkeiten vertraut zu machen". Inzwischen gebe es vereinzelt passende Programme für Audio-Video-Konferenzschaltungen, weitere seien in der Entwicklung. Voraussetzung sei dafür allerdings eine gewisse technisches Ausstattung bei den Ensemblemitgliedern. Weiter sei in Krisenzeiten der Austausch unter den Kunst- und Kulturschaffenden von hohem Wert. Diskussionen mit Gleichgesinnten würden bei der Suche nach Lösungen helfen: "Gemeinschaft gibt Kraft", zeigte sich Ewald überzeugt.


Berliner Kirchenmusikerin und Chorleiterin Cornelia Ewald / © Rebecca Ewald (epd)
Berliner Kirchenmusikerin und Chorleiterin Cornelia Ewald / © Rebecca Ewald ( epd )
Quelle:
epd