Hostienbäckereien kämpfen um Überleben

Auch zu Ostern wenig Hoffnung

Geschlossene Kirchen oder strikt begrenzte Teilnehmerzahlen bei Präsenz-Gottesdiensten - darunter leiden nicht nur die Gläubigen, sondern auch die Hersteller von Hostien. Sie bangen um die Existenz.

Der Vertrieb der Hostien geht weit über Bistums- und Landesgrenzen hinaus / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der Vertrieb der Hostien geht weit über Bistums- und Landesgrenzen hinaus / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Thomas Held betreibt im niederrheinischen Wallfahrtsort Kevelaer eine der wenigen privaten Hostienbäckereien in Deutschland. Er ist gläubiger Katholik, aber das Vertrauen in seine wirtschaftliche Zukunft hat der 56-Jährige verloren. "Ich habe Angst, dass meine Zukunft kaputt ist", sagt Held.

Weil in der Corona-Krise seit Ende vergangenen Jahres die meisten Kirchen zu sind oder - wenn überhaupt - Gottesdienste nur mit viel Abstand und wenigen Teilnehmern gefeiert werden, sind in Helds Hostienbäckerei St. Johannes die Umsätze um 80 Prozent eingebrochen. Daran werde sich auch in der Osterzeit - normalerweise Garant für volle Kirchen - kaum etwas ändern, fürchtet er.

Zentrale Einnahmequelle verloren

Nicht nur er habe Probleme, berichtet Held über Erfahrungen aus der Branche. Vor allem die 30 bis 40 Klöster in Deutschland mit Hostienherstellung, die meist in kleineren Mengen produzierten, hätten eine zentrale Einnahmequelle verloren. Ralf Klumpp, der in Ochsenhausen (Baden-Württemberg) ebenfalls in einem Familienbetrieb Hostien herstellt, beziffert seinen Umsatzeinbruch auf 60 bis 70 Prozent.

Held musste seine beiden 450-Euro-Mitarbeiterinnen entlassen, die beiden festen Kräfte sind auf Kurzarbeit und haben derzeit kaum etwas zu tun. Denn auch das zweite Standbein des Unternehmens - bezahlte Führungen für Schulklassen und Erstkommunionkinder - ist wegen der Pandemie komplett weggefallen. In normalen Jahren kommen mehr als 9000 Besucher in die Hostienbäckerei, in der Hostien nach den strengen Regeln des Kirchenrechts nur aus Wasser und Mehl produziert und an Kirchen und Klöster verkauft werden.

Auch in Klumpps Betrieb in Ochsenhausen mussten 450-Euro-Kräfte gehen, zwei Festangestellte sind in Kurzarbeit. Selbst wenn es wieder Messen gäbe - viele alte Menschen hätten noch Angst zu kommen, sagt er. "Noch helfen die Überbrückungshilfen bei den Fixkosten - aber wie lange soll das noch gehen"?, fragt Klumpp.

Staatliche Überbrückungshilfen reichen kaum

Rein rechtlich dürfen die Pfarreien laut der NRW-Coronaschutzverordnung mit Abstand, Anmeldung und begrenzter Teilnehmerzahl Präsenzgottesdienste feiern. Es gibt kein Hostien-Verbot. Doch viele Gemeinden haben die Kirchen seit dem zweiten Lockdown wegen der hochschießenden Ansteckungszahlen im Winter 2020 ganz geschlossen gelassen.

Für die bevorstehende Osterzeit gebe es zwar kreative Ideen und Angebote, sagte die Sprecherin des Bistums Münster, Anke Lucht. Vielfach seien diese aber digital oder umfassten ökumenische und Wortgottesdienste ohne Kommunion. Und wo Messen stattfänden, sei die Teilnehmerzahl wegen der Abstandsregeln natürlich erheblich reduziert.

Für den 56-Jährigen Held ist die Situation ein "absolutes Drama", wie er sagt: Das kleine Familienunternehmen ist zugleich seine Alterssicherung. "Wenn wir Pleite gehen, haften wir total." Die staatliche Überbrückungshilfe decke einen Teil der Fixkosten, nicht seine Lebenshaltung. Und er muss für die Bäckerei noch Raten abbezahlen. "Immerhin hat meine Bank die Kredittilgung ausgesetzt", erzählt er.


Thomas Held in seiner Hostienbäckerei / © Roland Weihrauch (dpa)
Thomas Held in seiner Hostienbäckerei / © Roland Weihrauch ( dpa )
Quelle:
dpa