Deutscher Verein vom Heiligen Land über die Stille an Ostern

"Plötzlich gibt es Platz in der Grabeskirche"

Rund um die Kar- und Ostertage herrscht in Jerusalem normalerweise ein regelrechter Ausnahmezustand. Jetzt ist es gespenstisch still. Veronika Staudacher vom Deutschen Verein vom Heiligen Lande weiß, wie es ist, wenn die Pilger fehlen.

Ordensfrau vor der Grabeskirche / © Andrea Krogmann (KNA)
Ordensfrau vor der Grabeskirche / © Andrea Krogmann ( KNA )

DOMRADIO: Wie gespenstisch ist das, wenn jetzt in der Karwoche wieder alles so ruhig bleibt?

Veronika Staudacher (Leiterin des Jerusalem-Büros beim Deutschen Verein vom Heiligen Lande): Es ist sehr gespenstisch. Ich lebe selber in der Jerusalemer Altstadt, im christlichen Viertel, also eigentlich mittendrin. Die Pilger fehlen uns schon das ganze Jahr, die Gassen sind leer. Am Palmsonntag gab es zum Auftakt aber immerhin eine kleine Prozession mit Pfadfindern, Dudelsäcken und Trommeln.

DOMRADIO: Jerusalem ist an Ostern normalerweise ganz anders, oder?

Staudacher: Ich bin gestern durch die Altstadt gegangen. Es ist noch ganz schön leer, die meisten Läden sind immer noch geschlossen. Ich war auch in der Grabeskirche und hatte unwahrscheinlich viel Platz. Das ist echt ungewönlich. Und eigentlich sehr traurig.

DOMRADIO: Das heißt, die Menschen halten sich strikt an die Vorschriften?

Staudacher: Die Menschen halten sich daran. Trotzdem kommen sie wie an Palmsonntag zu den großen Gottesdiensten. Mehr als erwartet. Und dafür wurden gerade auch sehr viele Restriktionen aufgehoben. Also man darf auch wieder zusammenkommen. Wir haben gerade die niedrigste Infektionsrate seit knapp einem Jahr.

DOMRADIO: In die Osterwoche fällt ja auch das jüdische Pessach-Fest, das Fest der ungesäuerten Brote. Da kommen normalerweise ja auch ganz viele Menschen privat zusammen. Wie wird das im Moment geregelt?

Staudacher: Weil wir so viele Geimpfte haben, ist im jüdischen Viertel in der Altstadt schon etwas los, weil natürlich alle zur Klagemauer gehen. Pessach geht noch bis zum dritten April und danach folgt der Ramadan um den zwölften April. Auch da wird es voll. Aber natürlich längst nicht so, wie wenn die Pilger da sind.

DOMRADIO: Wie geht es den Betreibern von Hotels und Restaurants?

Staudacher: Wer zweimal geimpft ist und einen grünen Pass hat, darf im Restaurant sitzen und im Hotel übernachten. Aber auch ihnen fehlen die vielen Pilger natürlich.

DOMRADIO: Fehlen sie Ihnen auch ganz persönlich? Es gehört ja auch zu Ihrer Arbeit, die Pilger im Heiligen Land zu begleiten.

Staudacher: Absolut. Auch in unseren Gästehäusern herrscht gähnende Leere. Das ist nicht schön. Und das merkt man auch an der Stimmung gerade. 

Das Interview führte Verena Tröster.


Veronika Staudacher / © Staudacher (DVHL)
Veronika Staudacher / © Staudacher ( DVHL )
Quelle:
DR