Weihbischof Steinhäuser wirbt für mehr Ökumene

"Da ist noch viel Luft noch oben"

Gemeinsam den Glauben leben und feiern. Darum geht es auch beim 3. Ökumenischen Kirchentag, der wegen Corona fast komplett digital und dezentral stattfindet. Das muss kein Makel sein, meint der Kölner Weihbischof Rolf Steinhäuser.

Weihbischof Rolf Steinhäuser / © Harald Oppitz (KNA)
Weihbischof Rolf Steinhäuser / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die persönlichen Begegnungen und der persönliche Austausch auf dem Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) müssen aufgrund der Pandemie ausfallen. Sie plädieren dafür, die Verlegung des Kirchentags ins Digitale nicht nur als Verlust zu sehen. Was ist denn gut daran?

Weihbischof Rolf Steinhäuser (Bischofsvikar für Ökumene im Erzbistum Köln): Lassen Sie mich kurz beim Thema Verlust bleiben. Ich wäre eigentlich jetzt auch nach Frankfurt gefahren mit einer ganzen Gruppe hier aus dem Bistum. Wir wollten den Bistumsstand auf dem ÖKT gestalten und da zeigen, was es alles schon mit Akzent auf den ökumenischen Gemeindepartnerschaften gibt. Das geht jetzt nicht, das ist schon richtig schade. Wir wären gerne hingefahren und hatten auch schon eine Menge Zeit in die Vorbereitung investiert. Wir hoffen, beim nächsten Jahr auf dem Katholikentag in Stuttgart davon doch noch einiges gebrauchen und unterbringen zu können.

Aber zu Ihrer Frage, was denn gut ist: Dass der ÖKT digital stattfinden muss, ist erst einmal nicht gut. Wir sind in der Corona-Zeit die digitalen Formate schon ein bisschen satt geworden. Aber dass es jetzt so ist, wie es ist, das lenkt den Blick von so einem spektakulären Großereignis hin auf die eigene Situation vor Ort und die Ökumene, die es da schon gibt.

Man hat ja bei so großartigen Sachen auch oft den Eindruck: "Das war eine riesige Party, da waren Tausende Leute, das war eine tolle Stimmung!" – und dann kommt man nach Hause und der Frust ist wieder da. Wir sehen oft das eigene Kleine vor dem gewaltigen Gemeinsamen nicht klar genug. Und vielleicht sind wir da jetzt besonders eingeladen, eben das zu würdigen, an dem wir gerade sind. Und da gibt es doch eine ganze Menge vor Ort.

DOMRADIO.DE: Mahlgemeinschaft, Kirchenverständnis und Co. Das sind große Streifragen, die einer echten Einheit der Christen weiter im Weg stehen. Sie sagen jetzt, dass an der Basis schon so viel Ökumene gelingt. Wo zum Beispiel?

Steinhäuser: Viele Gemeinden haben ja eine explizite ökumenische Gemeindepartnerschaft geschlossen mit der evangelischen oder katholischen Nachbargemeinde. Da läuft schon ganz viel Gemeinsames: Da wird zusammen gefeiert, gemeinsam Gottesdienst gefeiert und gebetet. An manchen Orten treffen sich die Pastoralteams regelmäßig und machen so etwas wie eine gemeinsame Planung; da gehört Ökumene also schon zum Alltag.

Es gibt aber auch noch Spektakuläreres. Zum Beispiel in Sankt Blasius in Meschenich am Südrand von Köln, da wird die Kirche demnächst gemeinsam genutzt von evangelischer und katholischer Gemeinde. Die evangelische Kirche zieht sich ein bisschen zurück aus der Fläche, die geben das eigene Gebäude auf und werden dann unsere Gastfreundschaft genießen. Ähnliches gab es in Mettmann-Metzkausen in der Kirche der katholischen Gemeinde Heilige Familie, die jetzt als ökumenische Kirche gemeinsam genutzt wird. Die evangelischen Christen halten da nicht nur ihre Gottesdienste, die machen auch eine Menge gemeinsamer Dinge, angefangen bei Exerzitien im Alltag. Da passiert also einiges.

Ein anderes Projekt haben wir in Sankt Augstin, im huma-Markt haben evangelische und katholische Christen ein gemeinsames Projekt geschaffen, den "LebensRaum Kirche", mitten in der Shoppingwelt. Das ist eine Art Anders-Welt mitten in so einem riesigen Einkaufszentrum, wo man zusammen sein kann, wo man miteinander einen Tee trinken, durchatmen oder sich Anregungen holen kann und auch Menschen zum Gespräch und zur Auseinandersetzung findet.

DOMRADIO.DE: Lassen Sie uns über das Leitwort aus dem Markusevangelium "Schaut hin!" sprechen. Warum ist genaues Hinschauen so wichtig und sollte nicht beim Zuschauen stehen bleiben?

Steinhäuser: Das Hinschauen geht ins Handeln hinein. Im Markusevangelium steht das Zitat in der Geschichte von der Brotvermehrung. Da stehen die Jünger vor der Notwendigkeit, 5000 Leute satt zu machen und denken: "Das geht gar nicht! Wie sollen wir das hinkriegen? Was sollen wir tun?" Jesus sagt Ihnen: "Geht und seht nach!" Das heißt: Prüft eure Ressourcen! Guckt, was ihr einbringen könnt! Sie antworten: "Fünf Brot und zwei Fische!" Das ist schon sehr bescheiden, aber Jesus nimmt das, was sie ihm anbieten können. Er dankt dem Vater, bricht das Brot, verteilt es und alle werden satt.

Das ist ein Impuls zum Handeln: Die Jünger sollen nicht nur gucken, wo Brot ist. Sondern sie geben etwas ab, sie bringen etwas ein und Jesus macht etwas daraus. Auf den ÖKT übertragen heißt das: Bleibt nicht stehen beim digitalen Auf-den-Bildschirmgucken, sondern schaut, wo ihr euch einbringen könnt. Es geht also um Hinschauen, das in ein konkretes Anpacken mündet.

DOMRADIO.DE: Die beiden großen Kirchen haben viele gemeinsame Probleme und müssen darum kämpfen, überhaupt noch als relevante Stimmen in der Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Würde nicht auch da noch mehr ein bisschen mehr Gemeinsamkeit helfen?

Steinhäuser: Nicht nur ein bisschen. Ich glaube, wenn wir in vielen Themen und bei vielen Projekten gemeinsam auftreten würden, dann würde man uns anders wahrnehmen und es würde auch unserer gemeinsamen Glaubwürdigkeit nützen. Das kann man eben in der ganzen Breite durchspielen. Ich glaube, da ist noch viel Luft noch oben, da ließe sich noch eine Menge überlegen, planen, durchführen. Da würden wir zu einer anderen glaubwürdigen Koalition und anderen Gemeinschaft zusammenfinden können.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Motto Ökumenischer Kirchentag / © Angelika Zinzow (KNA)
Motto Ökumenischer Kirchentag / © Angelika Zinzow ( KNA )
Quelle:
DR
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