Schritt aus der Kirchenbank, ein Blick, ein Paar Hände, bereit zu empfangen, ein Paar Hände, bereit zu geben, eine Bewegung zum Mund, Kauen, Schlucken, Nachspüren - in Sekundenschnelle ist es vollbracht: Die evangelische Präsidentin des 3. Ökumenischen Kirchentages, Bettina Limperg, hat die geweihte Hostie in einer katholischen Eucharistiefeier empfangen. Und mit ihr wohl auch viele weitere evangelische Christen, die an der katholischen Samstagabend-Messe im Dom zu Frankfurt beim Ökumenischen Kirchentag teilnehmen.
Wie viele es sind, ist unklar - denn auf der Stirn steht es den Empfangenden nicht geschrieben, ob sie nun evangelisch oder katholisch glauben. An diesem letzten Abend des 3. Ökumenischen Kirchentags in Frankfurt, der als digitales Event gefeiert wurde, ist das auch egal. "Jesu Freundschaft zu jedem und jeder, der oder die an
ihn glaubt, begründet die Freundschaft untereinander", sagt der Frankfurter katholische Stadtdekan Johannes zu Eltz in seiner Predigt im Dom.
Mit dem Segen von Bischof Bätzing
Er sei für seine Verhältnisse vor dem Gottesdienst richtig aufgeregt gewesen, gesteht zu Eltz nach dem Gottesdienst. Bei der Kommunion sei er glücklich gewesen, dass die Einladung, die er zwar so ausdrücklich nicht ausspreche, aber tief empfinde, auch angekommen und angenommen worden sei. Das alles geschieht mit dem Segen des Limburger Bischofs, Georg Bätzing, der ohne Bischofsornat unauffällig wie alle anderen Teilnehmer in einer der vorderen Kirchenbänke Platz nimmt.
"Es war ein wirklich bewegender Gottesdienst für mich. Ich fühlte mich wirklich getragen von der gemeinsamen Glaubenserfüllung, die wir miteinander gefunden haben", sagte die evangelische Kirchentagspräsidentin Limperg nach dem Gottesdienst.
In der katholischen Kirche scheint etwas in Bewegung geraten zu sein: Anfang der Woche segneten katholische Seelsorger homosexuelle Paare öffentlich in ihren Kirchen. Parallel zu den konfessionellen Gottesdiensten des Kirchentags predigten bundesweit katholische Seelsorgerinnen im Rahmen des von den katholischen Frauen ausgerufenen Tags der Predigerinnen. Nicht zuletzt fanden sich am Samstag Protestanten offiziell erwünscht bei der katholischen Mahlfeier ein - alle drei Ereignisse gehen gegen den Willen des Vatikans, der in Fragen der katholischen Lehre das letzte Wort hat.
Ökumenische Geste
Die wechselseitige Teilnahme am Abendmahl, wie sie das Votum von katholischen und evangelischen Theologinnen vor zwei Jahren für die Praxis empfohlen hat, ist eine ökumenische Geste. Es geht nicht um eine gemeinsame Abendmahlsliturgie oder gar um eine sogenannte Interzelebration, wofür die Einheit der Kirchen die Voraussetzung wäre und was der Vatikan streng untersagt. Stattdessen ist die freie Gewissensentscheidung aller Getauften die Grundlage für die ökumenisch sensible Mahlfeier.
Der Vatikan sieht es auch nicht gern, wenn katholische Christen zum evangelischen Abendmahl gehen, so wie der katholische Präsident des 3. Ökumenischen Kirchentages, Thomas Sternberg, am Samstagabend in Frankfurt.
Auf dem Ökumenischen Kirchentag riefen Theologen dazu auf, in den Anstrengungen hin zu einem gemeinsamen Abendmahl nicht nachzulassen. "Wir müssen dieses Leiden daran, dass wir nicht gemeinsam am Tisch des Herrn feiern können, wachhalten", sagte die baptistische Theologin und Kirchenhistorikerin Andrea Strübind (Oldenburg) auf einem Podium zum Schwerpunkt Ökumene.
Die konfessionellen Mahlfeiern am Samstagabend könnten über den 3. Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt am Main hinausweisen. "Thomas Sternberg und ich sind uns einig, dass die kommenden Katholikentage etwas evangelischer und ökumenischer und die nächsten Kirchentage etwas katholischer und ökumenischer werden", sagte Limperg.
Von Franziska Hein