"Es ist sehr erfreulich, dass Chile sich mit der Gründung eines Verfassungskonvents, in dem auch 17 Plätze für Indigene vorgesehen sind, auf den Weg zu einer neuen Verfassung macht", erklärte der Chile-Experte des Hilfswerks, Franz Hellinge, am Dienstag in Essen. "Damit kann das neoliberale Erbe der Militärdiktatur endlich abgeschüttelt werden und soziale Grundrechte können verankert werden."
Wichtiges Signal für Demokratiebewegung
Mit der Abstimmung habe Chile am Wochenende ein wichtiges Signal für die Demokratiebewegung in Lateinamerika gesetzt, unterstreicht Adveniat weiter. Die Wähler hätten sich für eine breitgefächerte Zusammensetzung des Gremiums entschieden und damit bewiesen, dass innenpolitische Konflikte auf demokratischer Basis gelöst werden könnten.
Bei der Wahl hatte die Partei des rechtsgerichteten Präsidenten Sebastian Pinera am Wochenende eine schwere Niederlage hinnehmen müssen. Seine konservative Regierungskoalition konnte nur 38 von 155 Sitzen gewinnen. Stark schnitten parteilose Kandidaten ab. Sie werden etwa 40 Prozent der Sitze belegen.
Auch linke Oppositionsparteien erzielten gute Ergebnisse: "Apruebo Dignidad" und "Lista del Pueblo" sowie die Mitte-Links-Gruppierungen "Lista del Apruebo" und "Independientes No Neutrales" liegen auf den Plätzen zwei bis fünf.
Chance auf Entwicklung zu sozial gerechterer Gesellschaft
Adveniat betonte, Chile habe nun die Möglichkeit, sich von jener Verfassung zu verabschieden, deren Geist noch in Teilen aus der Zeit der Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990) stamme und die unter anderem die demokratischen Grundrechte der indigenen Bevölkerung eingeschränkt habe. "Chile hat endlich eine echte Chance sich zu einer sozial gerechteren Gesellschaft zu entwickeln, in der auch ethnische Minderheiten ihre Anerkennung haben", sagte Hellinge.
Die neue Verfassung muss innerhalb von neun Monaten ausgearbeitet werden. 2022 wird in einem Referendum darüber abgestimmt.
Vorausgegangenen waren 2019 und 2020 Massenproteste zunächst junger Chileninnen und Chilenen, an denen sich später alle gesellschaftlichen Schichten beteiligten. Dabei war es zum Teil zu schweren Menschenrechtsverletzungen der chilenischen Sicherheitskräfte gekommen. Diese Verstöße müssten umfassend geahndet werden, fordert Adveniat.