Deutsche Knochenmarkspenderdatei wird 30 Jahre alt

Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Lange war Deutschland in diesem Bereich Entwicklungsland: Leukämiekranke Patienten, die dringend eine Knochenmarkspende benötigten, waren auf Hilfe aus Frankreich, England und den USA angewiesen. Das hat sich geändert.

Autor/in:
Christoph Arens
Arbeiten im Forschungslabor / © Cristian Gennari/Romano Sicilian (KNA)
Arbeiten im Forschungslabor / © Cristian Gennari/Romano Sicilian ( KNA )

Es ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Alle 15 Minuten erhält ein Mensch in Deutschland die niederschmetternde Diagnose Leukämie, weltweit alle 27 Sekunden. Blutkrebs ist nach wie vor die häufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle bei Kindern. Schock, Angst, Verzweiflung, Wut, Trauer, Hoffnung: Oft ist die einzige Chance auf Heilung eine Stammzellspende.

Wenige finden einen passenden Spender

Doch viele Patienten finden keinen Spender. Denn für eine solche Spende müssen die Gewebemerkmale des Spenders mit denen des Patienten weithin übereinstimmen. In Deutschland finden deshalb nur rund 30 Prozent der Patienten einen geeigneten Spender innerhalb der Familie. Der Großteil ist dringend auf eine passende Fremdspende angewiesen.

Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. "Genetischer Zwilling verzweifelt gesucht. Jugendliche braucht dringend Stammzellspende", so oder so ähnlich klingen manche Aufrufe in Tageszeitungen oder Lokalradios, um die Öffentlichkeit zu mobilisieren und Knochenmarkspender zu finden.

Deutsche Knochenmarkspenderdatei vor 30 Jahren gegründet

Damit sich die Chancen auf ein Überleben erhöhen, wurde vor 30 Jahren, am 28. Mai 1991, die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) gegründet. Ausschlaggebend war ein tragisches Einzelschicksal: 1990 erkrankte die 42-jährige Mechtild Harf an Leukämie. Ein passender Spender wurde zu spät gefunden; die Mutter zweier Kinder starb 1991. Noch am Sterbebett gab ihr Mann, der Manager Peter Harf, seiner Frau das Versprechen, eine Datei aufzubauen, um Blutkrebspatienten helfen zu können.

Seither hat die Initiative viel Unterstützung erfahren. Als der FDP-Politiker und frühere Außenminister Guido Westerwelle 2014 die Diagnose Leukämie erhielt, warb er für die Datei und sorgte für eine Rekordzahl an Neuregistrierten. Im März 2016 starb Westerwelle im Alter von 54 Jahren an den Folgen seiner Leukämie. Doch sein Ehemann Michael Mronz setzt das Engagement im Kampf gegen Blutkrebs fort.

Sich als gesunder Mensch registrieren lassen

Grundsätzlich kann sich jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 55 Jahren in die Datei aufnehmen lassen. Mit weltweit über 10,7 Millionen Registrierten, davon rund 7 Millionen in Deutschland, ist die DKMS nach eigener Darstellung die weltweit größte Stammzellspenderdatei. Bislang konnten rund 93.000 Stammzelltransplantationen für Menschen in 57 Ländern ermöglicht werden.

In den vergangenen Jahren hat sich die Organisation zu einem weltweit agierenden Dateiennetzwerk mit Standorten in weiteren sieben Ländern auf fünf Kontinenten entwickelt. Vertreten ist die DKMS auch in den USA, Polen, Spanien, Großbritannien, Chile, Indien und seit kurzem auch in Südafrika.

Gewebemerkmale genetisch und regional unterschiedlich

Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Spendervermittlung sind die so genannten HLA-Merkmale (Gewebemerkmale), die genetisch und regional unterschiedlich sind. Um die Überlebenschancen von Blutkrebspatienten zu verbessern, versucht die DKMS, möglichst viele Spender verschiedener Nationalitäten in ihrer Datenbank zu vereinen.

"Man muss das Leben so feiern, wie es kommt, und optimistisch bleiben", zitiert die DKMS auf ihrer Internetseite die 29-jährige Vanessa aus Stuttgart, die dank eines Spenders - sie nennt ihn liebevoll ihren Superhelden - nun wieder ein normales Leben führen kann.

Online registrieren lassen

Potenzielle Stammzellspender können sich mittlerweile auch online registrieren lassen: Unter www.dkms.de kann sich jeder Interessierte ein Registrierungsset nach Hause bestellen. Mithilfe von Wattestäbchen wird ein Abstrich der Wangenschleimhaut vorgenommen. Im Fall einer Spende können in 80 Prozent der Fälle die Stammzellen aus der Blutbahn gesammelt werden, in 20 Prozent müssen sie aus dem Knochenmark entnommen werden.

Virtuelle Jubiläumsshow

Das 30-jährige Bestehen will die DKMS am Freitag mit einer virtuellen DKMS Jubiläumsshow aus dem Berliner Cafe Moskau feiern. Das Motto: «Jeden Tag das Leben feiern.» Zugleich wird dieses Datum seit einigen Jahren als World Blood Cancer Day begangen. Stammzellspenderdateien, Stammzellspenderregister, Transplantationszentren, Initiativgruppen und andere Helfer sollen rund um den Globus in Aktion treten und noch mehr Unterstützer im Kampf gegen die Krankheit gewinnen und Spenden sammeln. Schließlich kostet jede Registrierung eines neuen Spenders die DKMS 35 Euro.


Quelle:
KNA