DOMRADIO.DE: Ihre Weihe war am vergangenen Samstag. Wie haben Sie sie erlebt?
Pater Alberich Maria Fritsche (Priester und Zisterzienser im Kloster Neuzelle): Die Priesterweihe war vor einer Woche und hat um 10 Uhr begonnen und Pater Prio, mein Oberer in Neuzelle, verkündete mir um exakt 11:04 Uhr, ich bin Priester geworden. Das war dann die Minute, in der der Bischof das Weihegebet beendet hat.
Zu unserer allgemeinen Freude konnte ich feststellen, das ist meine Kleidernummer im Kloster. Die 114. Und so bin ich überwältigt von diesem Tag und von dieser Woche und der Gnade, die hier unzählige Menschen in den letzten Jahren erbeten haben, dass wieder ein Priester geweiht werden kann und dass die Mönche wieder hier sein können.
So sehe ich, dass das nicht einfach nur ein kluger Entschluss war, Mönch und Priester zu werden, sondern vorbereitet ist durch viele Bittgebete. Der Herr hat mir das irgendwie auf seine Weise klargemacht, dass er das von mir will, dass er mit mir arbeiten will und ich nun sein Werkzeug sein darf.
DOMRADIO.DE: War Ihnen von Anfang an klar, dass Sie Priester werden sollen?
Fritsche: Nein, nein. Ich bin in einer gemäßigt katholischen Familie hier in der Diaspora aufgewachsen. Meine Geschwister sind auch im Glauben aufgewachsen und wir hatten sehr gläubige Großeltern. Aber ich hatte nie in der Jugend Phasen, wo ich sagen konnte, das war der Priester, der für mich das große Vorbild war.
Ordensleute kannten wir jetzt gar nicht persönlich in unserer Familie, wenngleich es mal unter den Vorfahren auch schon Ordensleute gab. Aber das war ja die Generation der Urgroßeltern in Westpreußen oder Schlesien. Und so habe ich mit dem Gedanken vorher noch nicht besonders gespielt.
Ich habe dann in der Zeit, wo ich nach der Schule ins Ausland ging und in der Krankenpflege gearbeitet habe, darüber nachgedacht. Da habe ich eigentlich erst durch den Kontakt mit kranken Menschen, mit Sterbenden, mit Kindern gespürt, dass der Herr mich irgendwie fasziniert, mir begegnet und mich in seine Nachfolge ruft.
DOMRADIO.DE: Sie haben von Ihren Geschwistern gesprochen. Wie hat die Familie, wie haben Ihre Geschwister reagiert?
Fritsche: Vor dem Eintritt ins Kloster war es eigentlich nur ein Besuch, wo ich mal schnuppern wollte. In Heiligenkreuz, kann ich da eventuell doch studieren, ohne Latein-Kenntnisse? Ich hatte noch gar nicht so viel erwartet. Die Geschwister wussten schon von diesem Besuch und wussten von meiner Sehnsucht, etwas mehr zu machen.
Ich war irgendwie an diesem Zeitpunkt sehr unentschlossen und irgendwie sehr traurig. Aber alle waren irgendwie erstaunt, wie glücklich und entschlossen ich von diesem Klosterbesuch wiederkam. Ich darf ins Kloster und ich will dem Herrn jetzt folgen. Die Geschwister waren mehr als erstaunt und dankbar. Endlich hat er was gefunden, wo er glücklich ist.
Für meine Brüder war das vielleicht eher ein bisschen befremdlich, aber meine Schwester freute sich sehr, auch zu hören, da wird viel gesungen, da wird Musik gemacht und die Musik hatte immer auch in unserer Familie ein sehr wichtigen Stellenwert.
DOMRADIO.DE: Was hat sie denn zu den Zisterziensern gezogen?
Fritsche: Ich kann nur sagen, dass ich in Berlin unglücklich war und auch arbeitslos. Nach der Krankenpflege-Ausbildung habe ich den Rat bekommen, "werden Sie Seelsorger". Dann habe ich Priester aufgesucht und gebetet. Mutter Gottes hat mir wirklich Kraft gegeben, Priester anzusprechen und die haben mir gesagt, Sie müssen einfach losfahren, schauen Sie sich Klöster an, probieren Sie das aus, empfehlen Sie sich.
Es hat irgendwie nur in Heiligenkreuz gepasst. Da wusste ich irgendwie, da hab ich eine E-Mail von dem Pater Karl und man kann dort Latein lernen. Das heißt, ich war eigentlich gar nicht so fest entschlossen, dass es die Zisterzienser sein sollen. Ich hatte erst vor Ort gemerkt, was das für ein Alltag ist mit viel Choral, mit viel Gesang und einer klaren Tagesstruktur, die mir sehr hilft und einer großen Gemeinschaft. Das habe ich erst vor Ort entdecken dürfen und sehr dankbar angenommen, diese Vorsehung Gottes, dass es dieser Orden jetzt geworden ist.
DOMRADIO.DE: Sie sind der einzige gebürtige Brandenburger der Klostergemeinschaft. Was bedeutet Ihnen das?
Fritsche: Pater Simeon, war damals vom Abt mit einer Neugründung beauftragt. Es hatte die Freiheit, Mitbrüder auszusuchen, und da hatte er einige gefragt, mit denen er sehr gut arbeiten konnte. Da ist er auch auf mich hinzugenommen, weil er meinte, wenn du schon ein Brandenburger bist, müssen wir dich eigentlich mitnehmen. Du bist ein Zeuge für die dort Lebenden, dass nicht nur Ausländer kommen, sondern auch dort der Herr Arbeiter in seine Nachfolge ruft. So kann es auch für die Menschen ein Trost sein kann, wenn dann von vor Ort auch Mitbrüder in dem Kloster leben.
Zugleich dachte er, vielleicht bin ich eine Art Kultur-Dolmetscher. Ich kann vielleicht den Brüdern erklären, wie die Brandenburger so ticken und was da vielleicht auch nicht geht. Und so hat er mich dann um überredet, mitzukommen.
In der Bibel steht, dass Jesus sagt "der Prophet ist nirgends weniger geachtet als in der Heimat". Und dann habe ich ihn gefragt, willst du mir das antun? Aber er sagte: "Ja, es muss bei dir vielleicht nicht ganz so schlimm sein. Komm doch mal mit und probiere es."
So waren wir erst einmal auf ein Probejahr eingestellt, dass wir hier den Ort erkunden und die Möglichkeiten prüfen, wie wir hier authentisch leben können. Und da hat sich ziemlich schnell herausgestellt, es ist ein geistlicher Ort im Zentrum, in dem durchweg bis heute in der katholischen Gemeinde gebetet wurde und es Wallfahrten gibt.
Aber es war auch nicht immer leicht, ein authentisches Klosterleben zu führen. Es gab schon Tage, wo wir kurz vor dem Abbruch des Projektes standen und zugleich der Herr uns durch den Heiligen Geist eine Art Vision geschenkt hat. Die Vision von Emmaus, des Emmausweges, den wir jetzt einschlagen.
DOMRADIO.DE: Das geschieht in einem Diasporagebiet, in Neubrandenburg. Es gibt viele Menschen, die sich nicht als religiös bezeichnen, rund 80 Prozent. Wie wollen Sie da die Menschen für Ihren Glauben gewinnen?
Fritsche: Wir Zisterzienser haben von Grund auf erst einmal den Auftrag eines sehr ausführlichen monastischen Stundengebets in der Liturgie, auch der Kontemplation, der Schriftbetrachtung, der Zurückgezogenheit, um in Stellvertretung für die Bevölkerung des Landes zu beten, um den Heiligen Geist, um die Erkenntnis.
Es ist das Zeugnis, dass wir dieses dreistündige Stundengebet jeden Tag auch öffentlich halten. Es ist jeden Tag zugänglich, auch mit dem Livestream, sodass wir da auch Zeugnis geben von der täglichen Treue und Freude, dem Herrn im Gebet zu begegnen. Und wir wollen ja auch Möglichkeiten schaffen, Gäste aufzunehmen.
Wir haben schon Heiligenkreuz-CDs aufgenommen, Bücher geschrieben. Wir sind da sehr kontaktfreudig und in der Verkündigung aktiv, was vielleicht an unseren Orten gar nicht so typisch ist. Aber wir sind da eigentlich sehr missionarisch eingestellt.
Die Diaspora ist für uns eigentlich gar nicht so ungewohnt. Die Gründung in Frankreich war ein Kloster in der Einöde im finsteren Tal einer Wasserquelle gelegen. Also die Diaspora-Lage ist typisch für unseren Zisterzienser-Orden und sicher haben den Abt und die Mitbrüder damals auch diese Art Bestätigungen und der Neuaufruf von Papst Franziskus, "Geht an die Ränder" bewegt. Hier ist religiös betrachtet eine Wüste, weil so viele Menschen Suchende sind. Und da ist es also ein Rand der Gesellschaft, ein Rand der Welt, der kirchlichen katholischen Welt in Deutschland. Und das hat uns bewegt, auch hier diesen Entschluss zu fassen unter vielen Angeboten, dass wir es in Neuzelle versuchen.
DOMRADIO.DE: Welche seelsorgerischen Aufgaben werden Sie übernehmen?
Fritsche: Ich sorge für die Gäste und für die Pilger. Ich sorge mit zwei angestellten Damen für die Gästeführungen. Ich sorge darüber hinaus aber auch für Bewohner und Betreuer der Sankt Florian Stiftung, einer kirchlichen Einrichtung mit vielen wunderbaren Häusern, wo Kinder bis Alte, Erwachsene, Senioren mit verschiedenen Beeinträchtigungen betreut werden. Für die bin ich Seelsorger. Da gibt es regelmäßig Katechesen, kleine Gottesdienste, Ausflüge.
Und das wird noch weiter durch mein priesterliches Wirken verstärkt. In diesem Jahr gab es zu Ostern auch eine Taufe eines Jugendlichen, eines jungen Erwachsenen aus dieser Sankt Florian Stiftung. Und ich werde im August den Schuldienst an unserer katholischen Sankt Florian Grundschule in Neuzelle beginnen.
Das Interview führte Katharina Geiger.