Islamwissenschaftlerin fordert Bekenntnis zu Imaminnen

"Wir sind ja nicht die katholische Kirche"

Die Duisburger Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor hat das neue Islamkolleg zur Ausbildung von Imamen als "Meilenstein" gelobt. Zugleich spricht sie sich für Frauen als Imaminnen aus. Das müsse der Anspruch einer offenen Gesellschaft sein.

Ein aufgeschlagener Koran / © Bernd Thissen (dpa)
Ein aufgeschlagener Koran / © Bernd Thissen ( dpa )

Die Einrichtung, die vom deutschen Staat finanziert und an der in deutscher Sprache unterrichtet werde, könne dazu beitragen, das muslimische Leben in Deutschland besser zu verankern und der Islamfeindlichkeit entgegenzuwirken, sagte Kaddor in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Kaddor ist auch Lehrerin und Religionspädagogin und gehört dem wissenschaftlichen Beirat des Kollegs in Osnabrück an.

Zugleich forderte Kaddor von den Verantwortlichen ein eindeutiges Bekenntnis zur Gleichberechtigung. Sie sehe keinen Grund, weshalb das Islamkolleg nicht ganz offen sagen sollte, dass dort auch Imaminnen ausgebildet werden könnten. Wenn der Staat das Kolleg schon mit einer Anschubfinanzierung versehe, dann hätte er darauf bestehen sollen: "Das muss der Anspruch in einer offenen Gesellschaft sein", sagte die Gründungsvorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes.

Kolleg will sich nicht positionieren

Zwar nehmen am Islamkolleg auch Frauen an der Vorbereitung zum praktischen Dienst in den Gemeinden teil, im ersten Jahrgang liegt der Anteil bei etwa 20 Prozent. Aber das Kolleg will sich in der Diskussion darum, ob auch Frauen Vorbeterinnen oder Imaminnen sein können, nicht positionieren. Die Verantwortlichen sprechen lieber allgemein von "religiösem Betreuungspersonal", um ihre Akzeptanz in den Moscheegemeinden nicht zu gefährden.

Kaddor betonte, es gebe theologisch überhaupt keinen Grund, Frauen das Amt der Imamin vorzuenthalten. "Wir sind ja nicht die katholische Kirche, wo man für bestimmte Ämter geweiht werden muss." Selbst in konservativen Moscheegemeinden könnten Frauen zumindest die Gebete für Frauen anleiten und vor Frauen predigen.

"Ich bin sicher, wenn man eine Umfrage unter muslimischen Frauen starten würde, würde sich eine deutliche Mehrheit Imaminnen wünschen." Es seien aber die traditionell-patriarchalischen Strukturen, die das weitgehend verhinderten. Gemeinden des liberal-islamischen Bundes würden selbstverständlich auch von Frauen, eine von einem Trans-Imam geleitet.

Der Bund und das Land Niedersachsen unterstützen das Kolleg für fünf Jahre mit insgesamt rund 5,5 Millionen Euro.


Lamya Kaddor / © Oliver Berg (dpa)
Lamya Kaddor / © Oliver Berg ( dpa )
Quelle:
epd