Der arabische Begriff Imam erscheint bereits im Koran und bedeutet dort so viel wie "Anführer" oder "Vorbild". Später bezeichnete er im islamischen Staatsrecht das religiös-politische Oberhaupt der muslimischen Gemeinschaft in der Nachfolge des Propheten Mohammed und war insofern gleichbedeutend mit dem Titel Kalif (Nachfolger).
Im sunnitischen Islam meint der Begriff heute in erster Linie den Vorbeter, der die islamischen Pflichtgebete der Gemeinde leitet, insbesondere das Freitagsgebet in der Moschee und die fünf Gebete des Tages. Imame übernehmen auch seelsorgliche und rituelle Aufgaben wie Koranunterricht, Trauungen, Beerdigungen oder Gefängnisseelsorge.
Als einfacher Vorbeter benötigt der Imam keine spezielle Ausbildung, sondern muss nur den korrekten Ritenvollzug und ausreichend Arabisch beherrschen. Hauptberufliche Imame haben aber meist ein theologisches und juristisches Studium absolviert. Das Amt ist Männern vorbehalten. Wenn nur Frauen beten, übt eine von ihnen die Funktion der Imamin aus.
In Deutschland kommen Imame meist für einige Jahre aus dem Ausland ohne nähere Kenntnisse des deutschen Alltagslebens oder der Sprache, so in den meisten Moscheen des deutsch-türkischen Verbandes Ditib. Das sorgt für Debatten in der Integrationspolitik. Ansätze einer akademischen Imamausbildung an deutschen Universitäten bilden bisher kein wirksames Gegengewicht.
Im schiitischen Islam spielt der Imam-Begriff eine herausragende Rolle. Hier bezeichnet er die erstgeborenen männlichen Nachkommen von Mohammeds Vetter Ali, die nach schiitischem Glauben als einzige zur Führung der Muslime berechtigt sind. Die Imame gelten als unfehlbar und sündlos und können Wunder bewirken. Die Zwölferschiiten, der größte Zweig der Schia, verehren zwölf Imame, deren letzter am Ende der Zeit zurückkehren und das Reich der Gerechtigkeit errichten wird.
Bis dahin regieren - wie im Iran - Rechtsgelehrte im Namen des zwölften Imams. Andere schiitische Richtungen lassen die dynastische Reihe nach sieben oder auch fünf Imamen auslaufen. (KNA)