Die Broschüre des neuen Islamkollegs Deutschland (IKD) zur Ausbildung von Imamen ziert eine lächelnde Muslimin - und das ist durchaus als Statement zu sehen. Zwar stehe die Meinung, dass auch Frauen Imame werden könnten, im Islam etwas am Rande, aber sie existiere, sagte der Vorsitzende des Kollegs, Esnaf Begic, einmal.
Prinzipiell wolle man einen "uneingeschränkten Zugang" zu der Ausbildungsstätte gewährleisten.
Offiziell eröffnet
Am Dienstag ist das IKD in Osnabrück nach langer Vorbereitungszeit mit einem Festakt offiziell eröffnet worden. Damit startet erstmals in Deutschland ein verbandsübergreifendes Angebot zur Aus- und Fortbildung von Imamen und anderem islamisch religiösen Personal wie Gemeindepädagogen oder Seelsorgern - und das nach einem zu hiesigen Werten und Einstellungen passenden Muster. Nach eigenem Verständnis schließen die Initiatoren - islamische Theologen, muslimische Personen des öffentlichen Lebens und Verbände wie der Zentralrat der Muslime in Deutschland oder das Bündnis Malikitische Gemeinde Deutschland - damit eine Lücke.
Größere Verbände wie die türkisch-islamische Ditib, der Verband der Islamischen Kulturzentren oder die Gemeinschaft Milli Görüs betreiben zwar ebenfalls eine Ausbildung von religiösem Personal in Deutschland. Doch das Alleinstellungsmerkmal des IKD ist nach eigenen Angaben, dass dort die Ausbildung komplett auf Deutsch absolviert wird.
Die angehenden Imame müssen bereits ein Studium der islamischen Theologie abgeschlossen haben. Die zweijährige Ausbildung am IKD bereitet sie auf den praktischen Dienst in den Moscheegemeinden vor - konkret in den sieben Bereichen Predigtlehre, Koranrezitation, Seelsorge, politische Bildung, gottesdienstliche Praktiken, Gemeindepädagogik und Soziale Arbeit. Der erste Ausbildungsjahrgang des Kollegs besteht aus 55 Personen, davon 19 Frauen und 36 Männer.
18 von ihnen nehmen an der Imamausbildung teil, 17 an einzelnen Modulen und 20 an der islamischen Seelsorgeausbildung.
Bislang predigen in deutschen Moscheen vor allem Imame aus dem Ausland. Politisch regt sich seit langem Kritik an diesem Modell.
"Die wissenschaftliche Anbindung, strukturelle Unabhängigkeit und professionellen Vernetzungen des IKD werden einen bedeutsamen Innovationsschub für hiesige muslimische Gemeinden bewirken", versprach der Wissenschaftliche Direktor der Einrichtung, Bülent Ucar, bei der Eröffnung.
Einige Islamverbände beäugen die Pläne kritisch
Einen wichtigen Impuls erhofft sich auch das Bundesinnenministerium, das dem Kolleg zusammen mit dem Land Niedersachsen eine Anschubfinanzierung in Höhe von 5,5 Millionen Euro gewährt. Die Bundesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, eine eigenständige, vom Ausland unabhängige Ausbildung von Imamen und weiterem religiösen Personal islamischer Gemeinden in Deutschland zu befördern, erklärte Staatssekretär Markus Kerber. "Das Ausbildungsprogramm des IKD ist selbstbewusst deutsch und islamisch im Sinne eines Islam, der in unserer Gesellschaft verwurzelt ist, die Werte unseres Grundgesetzes teilt und die Lebensarten unseres Landes achtet."
Einige Islamverbände beäugen die Pläne in Osnabrück indes kritisch. Sie verweisen angesichts der staatlichen Finanzierung darauf, dass es nicht Aufgabe des Staates sei, Imame auszubilden, sondern Aufgabe der Religionsgemeinschaften.
Direktor Ucar, wies diese Vorwürfe bereits im Vorfeld zurück und betonte, dass es am Kolleg keine inhaltliche staatliche Einflussnahme gebe. Nach der Gründung mehrerer Institute für islamische Theologie an deutschen Hochschulen sei es nun an der Zeit, die praktische Ausbildung mit einem Imamseminar zu etablieren.
Für Ucar geht es dabei um viel: "Nach über 60 Jahren dauerhafter muslimischer Präsenz in Deutschland ist die Zeit längst überfällig, den Islam vollumfänglich dem Christentum und Judentum rechtlich wie strukturell gleichzustellen." Die Ausbildung am Kolleg solle der an Priester- und Rabbinerseminaren vergleichbar sein.
Wie viele der von den großen Verbänden unabhängigen Moscheegemeinden am Ende auf die am Kolleg ausgebildeten Imame setzen werden, ist offen. Ucar rechnet mit einigen Hundert. Zugleich bedauert er, dass andere große Verbände außer dem Zentralrat keine Zusammenarbeit wollten.