Die Vatikanbotschaft in Warschau bestätigte am Wochenende, Bagnasco habe Polen vom 17. bis 26. Juni besucht, Dokumente eingesehen und Gespräche geführt. Seine Aufgabe war demnach "die Überprüfung der auch öffentlich signalisierten Vernachlässigung durch Kardinal Stanislaw Dziwisz während seiner Amtsführung als Metropolitan-Erzbischof von Krakau (2005-2016)".
Mitteilung in nur drei Sätzen
Bagnasco, Vorsitzender des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), werde dem Heiligen Stuhl einen Bericht über seinen Besuch vorlegen, heißt es in der nur drei Sätze langen Mitteilung der Apostolischen Nuntiatur.
Bereits am Freitag war die Untersuchung durch einen polnischen Medienbericht bekannt geworden. Der Priester Tadeusz Isakowicz-Zaleski, der Missbrauchsbetroffene vertritt, sagte, Bagnasco habe ihn in Krakau zu Vorwürfen gegen Dziwisz befragt.
Vertuschungsvorwürfe stehen im Raum
Isakowicz-Zaleski beschuldigt den Kardinal seit langem, er sei den 2012 ihm übergebenen schriftlichen Hinweisen auf sexuellen Kindesmissbrauch durch Priester in seiner Kirchenprovinz nicht nachgegangen. Dziwisz hat Vertuschungsvorwürfe gegen ihn stets zurückgewiesen, sich aber mehrfach für eine unabhängige Untersuchung ausgesprochen.
Der Kardinal gehört zu den prominentesten Kirchenmännern Polens. Der 82-Jährige war Privatsekretär Papst Johannes Pauls II. (1978-2005) und anschließend bis 2016 Erzbischof im südpolnischen Krakau. Polens Bischofskonferenz nahm zunächst nicht zu der Untersuchung Stellung.
Weitere Bischöfe angezeigt
Polens staatliche Aufarbeitungskommission für sexuellen Kindesmissbrauch hatte im März Dziwisz und weitere Bischöfe bei der Staatsanwaltschaft wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen die Meldepflicht angezeigt. Dabei ging es um einen Priester, der im südpolnischen Bistum Bielsko-Zywiec von 1984 bis 1989 ein Kind hundertfach missbraucht haben soll.