BDKJ Köln ordnet Kirchenaustritte junger Leute ein

"Sie verkörpern die Zukunft"

Unter jungen Leuten sind die Kirchenaustrittszahlen besonders hoch. Volker Andres hat eine Vermutung, woran das liegt.

Ein Mann steht vor einer Kirche / © Jurgis Rudaks (shutterstock)
Ein Mann steht vor einer Kirche / © Jurgis Rudaks ( shutterstock )

Gleichzeitig, sagt er, gebe es viele Gegenbeispiele, in denen auch kirchenferne junge Menschen die Kirche zu schätzen lernten.

DOMRADIO.DE: Sie arbeiten ja an der Basis mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Was stört die am meisten an der Amtskirche? Was kriegen Sie da mit?

Volker Andres (BDKJ-Diözesanvorsitzender im Erzbistum Köln): Die jungen Menschen wachsen in einer Gesellschaft auf, die bunt und vielfältig ist, wo Homosexualität anerkannt wird, wo demokratische Strukturen existieren und Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Das erleben sie in der katholischen Kirche an sehr vielen Stellen nicht und können das auch irgendwann nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren, dann Teil in dieser Kirche zu sein, wenn sie in der Gesellschaft andere Werte leben können als in der Kirche.

DOMRADIO.DE: Dabei sind diejenigen beim BDKJ die mitmachen, die, die überhaupt noch etwas mit der Kirche zu tun haben. Was ist denn mit den jungen Leuten aus kirchenfernen Milieus, sind die überhaupt noch erreichbar?

Andres: Ich glaube schon. Das erleben wir gerade in den Jugendverbänden, dass wir auch kirchenferne Menschen erreichen mit vielfältigen Angeboten. Wir erreichen dort auch Menschen, die dadurch erst Kontakt zur katholischen Kirche bekommen. Zum Beispiel junge Menschen, die auf ein Ferienlager fahren und dann ihren ersten Gottesdienst erleben oder in Gruppenstunden gehen und dann erleben, dass das auch Kirche sein kann. Sie sehen dort, dass Kirche neben dem Alten und Traditionellen auch bunt und vielfältig sein kann.

DOMRADIO.DE: Sie sind ja der Vorsitzende des BDKJ im Erzbistum Köln, in dem es zuletzt viel Ärger und Aufregung rund um die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals gegeben hat. Wie spiegelt sich das in Ihrer Arbeit wider?

Andres: Wir erleben schon, dass auch viele junge, engagierte Menschen Anfragen stellen: Wie wird eigentlich in der katholischen Kirche aufgearbeitet? Wird moralische Verantwortung übernommen? Wird alles dafür getan, Kinder und Jugendliche auch zukünftig zu schützen? Das erleben wir an vielen Stellen nicht, dass ausreichend in die Aufarbeitung investiert wurde, dass zwar das Gutachten von Professor Gerke veröffentlicht wurde, gute erste Schritte damit auch umgesetzt wurden, aber aus unserer Sicht müsste man sich noch viel mehr den missbrauchsbegünstigenden Faktoren widmen, die im Erzbistum Köln teilweise gar nicht thematisiert werden.

DOMRADIO.DE: Und was bedeutet das alles? Die jungen Menschen verkörpern ja die Zukunft, auch die der Kirche.

Andres: Genau. Sie verkörpern die Zukunft der Kirche und wollen sich auch einsetzen und etwas dafür tun, dass Kirche sich verändert, aber stoßen oft auf Wiederstand mit ihren Themen und Anliegen.

DOMRADIO.DE: Wenn Kirchenobere Sie persönlich jetzt mal um Rat fragen würden, was Sie denn ganz konkret ändern sollten, um wieder Vertrauen zu gewinnen und die Kirche wieder attraktiver zu machen: Was würden Sie dann sagen?

Andres: Ich würde sagen: Sie sollten den Menschen wirklich zuhören, ihre Anliegen und Themen Ernst nehmen und sich diesen widmen. Und dazu gehört auch die Frage danach: Welche Rolle dürfen Frauen in der katholischen Kirche haben? Wo dürfen Menschen mitbestimmen? Eine moralische Verantwortung muss auch übernommen werden für das, was in der Vergangenheit schief gegangen ist.

Das Interview führte Heike Sicconi.


 

Volker Andres / © Mathias Peter (DR)
Volker Andres / © Mathias Peter ( DR )
Quelle:
DR