"Tag des guten Sterbens" ermutigt zum lebendigen Umgang mit dem Tod

Sterben in die Mitte des Lebens

Wenn es ein gutes Leben gibt, gibt es auch ein gutes Sterben? Ein Aktionstag in Köln möchte den Umgang mit dem Tod enttabuisieren. Nicht nur für Angehörige wird ein lebendiger Raum geschaffen, der alle Sinne berührt.

Abschied nehmen am Sarg / © Syda Productions (shutterstock)
Abschied nehmen am Sarg / © Syda Productions ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Ein Tag des guten Sterbens. Manch einer würde das makaber finden, Sie aber nicht, oder?

Tina Damm (Mit-Initiatorin "Tag des guten Sterbens" in Köln): Nein. Sterben ist ja eigentlich etwas ganz Natürliches. Das ist eine Sache, die uns irgendwann alle gemeinschaftlich betrifft. Deswegen wollen wir mit dem Tag dazu beitragen, dass die Menschen vielleicht ein bisschen weniger Angst davor haben.

DOMRADIO.DE: Es gibt auch den Tag des guten Lebens. Sie machen daraus den Tag des guten Sterbens. Was bedeutet das?

Damm: Also der Tag des guten Lebens ist natürlich auch ein ganz toller Aktionstag. Unser Titel ist auch nicht zufällig gewählt. Wir finden das einen sehr wichtigen und schönen Tag, den Tag des guten Lebens. Und die Kollegen und Kolleginnen wissen auch, dass wir den Tag des guten Sterbens veranstalten und kommen vielleicht auch vereinzelt vorbei.

DOMRADIO.DE: Sie haben nachgedacht, ob dieser Tag nach der Flutkatastrophe, bei der ja viele Menschen ihr Leben verloren haben, veranstaltet werden kann. Was haben Sie da diskutiert?

Damm: Den Tag konzipiert haben wir natürlich schon vor langer Zeit. Die Flutkatastrophe hat uns natürlich auch sehr erschüttert. Wir alle kennen auch Menschen, die davon betroffen sind und wissen, wie es denen gerade geht. Aus deren Sicht ist es sehr schwer über gutes Sterben zu sprechen, denn es handelt sich natürlich um eine ganz schreckliche Katastrophe.

Auf der anderen Seite ist es natürlich auch so, dass jeden Tag Menschen sterben, aus den unterschiedlichsten Gründen. Das ist für die Betroffenen auch immer sehr katastrophal und schrecklich. Das war unser Ansatz zu sagen, es ist trotzdem oder gerade deswegen vielleicht ein sehr wichtiges Thema.

Wir wollen aber gerne etwas spenden für die Flutopfer - und zwar die Einnahmen aus dem Kuchenbuffet.

DOMRADIO.DE: Sie möchten enttabuisieren. Sie haben aus Ihrer Erfahrung schon länger mit Tod und Sterben zu tun, sowohl beruflich als auch ehrenamtlich. Was begegnet Ihnen da?

Damm: Einerseits das Thema, dass der Tod oft gar nicht vorkommt oder gar nicht existent scheint. Viele Menschen wollen so gar nicht darüber reden, das merke ich jetzt auch, wenn ich von unserem Vorhaben erzähle. Menschen, die trauern, erleben das auch. Sehr unmittelbar, wenn das Umfeld sich schwer im Umgang damit tut. Viele melden sich dann gar nicht mehr. Man muss aber sagen, eigentlich ist es gar nicht so schwierig. Man kann ruhig sagen, dass man unsicher ist.

Das sind so typische Beispiele. Oder man kennt Sterben vielleicht einfach nur ab dem Moment, wo der Bestatter auftritt, eben dann, wenn es schon passiert ist. Dann ist alles sehr ernst, traurig und sehr schrecklich. Dabei ist es eigentlich ein natürlicher Teil des Lebens.

DOMRADIO.DE: Sie haben lange im Kulturbereich in einem sehr großen Seniorenheim gearbeitet. Gehen ältere Menschen eigentlich entspannter mit dem Thema Tod und Sterben um?

Damm: Aus meiner Erfahrung dort würde ich das verneinen. Ich glaube, dass das sehr abhängig vom Menschentyp ist. Je älter manche Menschen werden, desto weniger wollen sie sich damit auseinandersetzen. Das habe ich dort so erlebt. Andere, die schon immer sehr locker und aufgeschlossen waren, sind das auch bis zum Schluss. Das ist echt ganz unterschiedlich.

DOMRADIO.DE: Sie haben ein vielfältiges Programm auf die Beine gestellt. Es gibt einen Vortrag von einem Palliativmediziner. Weiter wird es musikalisch und zwar mit Eddi Hüneke, einem Musiker der ehemaligen Wise Guys. Was hat der mit so einem Tag des guten Sterbens zu tun?

Damm: Eddi Hüneke wird ein Lied singen, welches er über seinen verstorbenen Vater geschrieben hat. Zufälligerweise hat sein Vater am 8.8. Geburtstag. Wir freuen uns total, dass er mit vor Ort ist und auf jeden Fall dieses besondere Lied singt und auch noch ein bisschen was anderes.

DOMRADIO.DE: Darüber hinaus gibt es eine Ausstellung über nachhaltige Bestattungsformen und Beratungsangebote für Bestattungsvorsorge. Wie läuft denn diese Beratung ab? Individuell, oder wie geht das?

Damm: Also es gibt eine Möglichkeit, sich mit dem ganzen Teil zu befassen, der vor dem Tod kommt: Vorsorgevollmachten oder das Testament zum Beispiel. Da haben wir eine sehr nette Kollegin vor Ort, man kann alleine mit ihr Dinge besprechen und Fragen stellen. Es wird aber auch einen Vortrag geben, der betrifft all das, was einen so nach dem eigenen Tod betrifft, zum Thema Beisetzung und Bestattung. Kaffee trinken, nett zusammen sitzen, Kuchen essen und dann vielleicht auch mal über die Themen sprechen, die man sonst immer so vor sich herschiebt.

DOMRADIO.DE: Man kann auch in einem Sarg Probeliegen. Ist das was, was populär ist? Machen das viele Leute?

Damm: Das wissen wir noch nicht. Wir sind auch sehr gespannt. Ich habe tatsächlich bei der Vorbereitung für diesen Tag zum ersten Mal in einem Sarg gelegen. Ich fand es nicht so schlimm, wie erwartet. Der Sarg wird auch im WandelWerk, unserem Veranstaltungsort, gebaut. 

DOMRADIO.DE: Kann man eigentlich dem Bestatter sagen, man möchte in einem selbst gebauten Sarg bestattet werden? Der Bestatter möchte ja auch Särge verkaufen?

Damm: Also theoretisch darf man das, wenn der Sarg bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Wenn er den gesetzlichen Anforderungen entspricht, was Größe, Material und Einlage betrifft, ist das theoretisch möglich. Aber es müssten auch nicht alle Menschen machen, weil das für alle Bestatter sicher auch ein bisschen schwierig wird.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Quelle:
DR
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