Wie die Pandemie ein Kloster zu einem neuen Produkt brachte

"Knusperbrot" hilft aus der Corona-Krise

Die Abtei Sankt Gertrud in Alexanderdorf ist eine der größten Klostergemeinschaften in Ostdeutschland. Wie andere Orden litt sie unter den wirtschaftlichen Folgen von Corona. Doch dann hatten die Schwestern eine Idee.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Alexanderdorfer Waffelbrot aus Hostienteig / © Jannis Chavakis (KNA)
Alexanderdorfer Waffelbrot aus Hostienteig / © Jannis Chavakis ( KNA )

Es dampft und zischt im brandenburgischen Kloster Alexanderdorf. Bis zu drei Mal in der Woche. Dann ist Backtag bei den Benediktinerinnen in der Abtei Sankt Gertrud. Wie seit über 80 Jahren für jeweils bis zu 80.000 Hostien - und seit einigen Monaten auch für eine neue, kleine Köstlichkeit.

Es ist das "Klosterknusperbrot", das die Schwestern auch als "Waffelbrot" bewerben. Hauchdünne Scheiben, etwas kleiner als Knäckebrot, wie die Hostien nur aus Weizenmehl und Wasser hergestellt. Ein "weltliches" Nebenprodukt bei der Herstellung der Oblaten, die in katholischen Messfeiern zur Kommunion und in evangelischen Gottesdiensten zum Abendmahl verwendet werden.

Corona gab den Anstoß

Als wegen der Pandemie die Gottesdienste abgesagt und später nur mit begrenzter Teilnehmerzahl erlaubt wurden, traf dies auch die Hostienbäckerei von Alexanderdorf. "Die Nachfrage sank um 25 Prozent", erklärt Schwester Ruth Lazar. Sie ist die Wirtschaftsverwalterin des rund 40 Kilometer südlich von Berlin gelegenen Klosters mit 21 Ordensfrauen, die in einem ehemaligen Gutshof leben. Infolge der Pandemie mussten sie auch ihr umfangreiches spirituelles Kursangebot zeitweise ausfallen lassen und das Gästehaus schließen. Spenden aus ganz Deutschland mussten über die Runden helfen.

Mit dem Knusperbrot hatte Äbtissin Bernadette Pruß jedoch eine Idee, die Verluste wenigstens teilweise aufzufangen. Ganz aus dem Nichts kam ihr Vorschlag indes nicht. Denn Backreste, die bei der Hostienproduktion mehr als die Hälfte des verwendeten Teiges ausmachen, sind bei den Schwestern von Alexanderdorf bereits überaus beliebt, wenn sie um 5 Uhr in der Frühe ihr erstes Frühstück einnehmen. "Mit Butter und Zucker", wie Schwester Theresia Kucklick, die Leiterin der Hostienbäckerei, ihre Vorliebe schmunzelnd verrät. Warum sollte es anderen nicht ebenfalls schmecken, fragten sich die Schwestern.

Und sie behielten Recht. Schnell hatte das Produkt, das beim Verzehr leise knackt, seinen Markt gefunden. So geben Kirchengemeinden es Besucherinnen und Besuchern ihrer Gottesdienste manchmal als Geschenk mit, wie Schwester Ruth erfahren hat. Per Internet gehen Bestellungen aber auch von Einzelpersonen ein, überdies ist das Knusperbrot an der Klosterpforte zu erwerben. "Es ist eine Köstlichkeit, ohne Konservierungsstoffe", wirbt Schwester Ruth.

Deutschlandweiter Versand

Zur Beliebtheit mögen auch die Deckblätter der Zehnerpackungen beitragen. Eines zeigt die Karikatur einer Ordensfrau, wie sie mit dynamischem Schritt voranschreitet. "Schwungvoll durch den Sommer mit dem Alexanderdorfer Waffelbrot", empfiehlt der Beipackzettel. Entworfen hat ihn Schwester Christiane Winkler. Sie leitet die Ikonenmalerei des Klosters und bringt mit leichter Hand auch Cartoons zu Papier.

Dass sich das Knusperbrot etabliert hat, freut auch Heike Heidel. Der langjährigen Klostermitarbeiterin aus dem Ort Alexanderdorf hat es die Vollzeitstelle in der Hostienbäckerei gesichert. Mit den steigenden Impfraten zieht dort nun auch das klassische Geschäft spürbar wieder an. Nachdem der Teig zu dünnen, rechteckigen Platten gebacken ist, bohrt Heidel zusammen mit Schwester Theresia die runden Hostien aus einem ganzen Plattenstapel aus. Dann sortieren sie die fehlerhaften Exemplare aus.

Was für den Verkauf geeignet ist, kommt in Plastiksäckchen und wird später in Kartons versandt. Sie gehen dann in fast alle katholischen Gemeinden im Osten Deutschlands, einige auch in den Westen und Süden der Bundesrepublik sowie nach Polen, Russland und Ungarn. Auch evangelische Gemeinden gehören zu den Kunden. In dem einen oder anderen Paket ist dann auch die neue Spezialität des Klosters dabei, die aus einem Teil der gebackenen Platten geschnitten wurde. Damit es seinem Namen gerecht wird, ist es im Unterschied zu den Hostien nicht zusätzlich mit Wasserdampf erweicht. Eben Knusperbrot.


Schwester Theresia Kucklick wiegt Hostien auf einer alten Waage und verpackt sie in Plastikbeuteln / © Jannis Chavakis (KNA)
Schwester Theresia Kucklick wiegt Hostien auf einer alten Waage und verpackt sie in Plastikbeuteln / © Jannis Chavakis ( KNA )

Schwester Theresia Kucklick, Leiterin der Hostienbäckerei der Abtei Sankt Gertrud, Kloster Alexanderdorf, stanzt die einzelnen Hostien aus einem Stapel Hostienplatten heraus / © Jannis Chavakis (KNA)
Schwester Theresia Kucklick, Leiterin der Hostienbäckerei der Abtei Sankt Gertrud, Kloster Alexanderdorf, stanzt die einzelnen Hostien aus einem Stapel Hostienplatten heraus / © Jannis Chavakis ( KNA )

Abtei Sankt Gertrud, Kloster Alexanderdorf in Am Mellensee / © Jannis Chavakis (KNA)
Abtei Sankt Gertrud, Kloster Alexanderdorf in Am Mellensee / © Jannis Chavakis ( KNA )
Quelle:
KNA