Wie die Parteien die Pflege in Deutschland verbessern wollen

Die wärmende Decke ist immer zu kurz

Die Pflege bleibt ein politischer Dauerbrenner. Nicht nur in dieser auslaufenden Legislaturperiode. Auch die neue Bundesregierung wird sich damit beschäftigen müssen. Ein Blick auf die Wahlprogramme der Parteien.

Autor/in:
Christoph Arens
Die Hand einer Pflegerin liegt auf dem Handrücken eines Patienten / ©  Harald Oppitz (KNA)
Die Hand einer Pflegerin liegt auf dem Handrücken eines Patienten / © Harald Oppitz ( KNA )

Die wärmende Decke ist immer zu kurz: Kaum zieht man an der einen Seite, fehlt auf der anderen Seite ein Stück. So ist es auch mit der Pflege. Die Politik hat in den vergangenen Jahren viele Reformen beschlossen - und doch bleibt die Pflege ein Dauerbrenner.

"In kaum einem Bereich ist der Reformbedarf seit Jahren so groß", sagt Caritas-Präsident Peter Neher. Der kommenden Bundesregierung werden die Probleme schnell wieder auf die Füße fallen.

Grundsatzurteil zur häuslichen Pflege

Dafür hat schon das Bundesarbeitsgericht Ende Juni mit einem Grundsatzurteil zur häuslichen Pflege gesorgt. Den oft aus Osteuropa kommenden Haushaltshelfern und -helferinnen steht laut Gericht der Mindestlohn zu - und zwar auch für "Bereitschaftszeiten". Ein Supergau für Tausende Familien, die auf 24-Stunden-Pflege ihrer Angehörigen angewiesen sind. Ein Supergau auch für die Politik, die die Augen gegenüber den problematischen Arbeitsbedingungen der "polnischen Perlen" verschlossen hat.

Bleibende Baustellen sind auch eine attraktivere Gestaltung des Pflegeberufs und eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte. Auch stellt sich die Frage, wie die davongaloppierenden Kosten für die Bewohner von Pflegeheimen finanziert werden sollen. Fest steht, dass das System Pflege angesichts des wachsenden Anteils alter Menschen mehr Geld braucht.

In den Programmen zur Bundestagswahl setzt sich der alte Grundsatzstreit um den Charakter der Pflegeversicherung fort: Union und FDP wollen am Nebeneinander von privater und gesetzlicher Versicherung festhalten - und am Teilkasko-Charakter. Die Union will zusätzlich eine staatliche Förderung von betrieblichen Zusatzversicherungen sowie eine Verlängerung des Pflegevorsorgefonds bis 2050.

Die FDP plädiert für ein Drei-Säulen-Modell aus der Pflegeversicherung sowie aus privater und betrieblicher Vorsorge. Die AfD möchte gesetzliche Pflegeversicherung und gesetzliche Krankenversicherung zusammenlegen. SPD, Grüne und Linke wollen dagegen perspektivisch eine einheitliche Pflegebürgerversicherung, in die alle Bürger einzahlen und bei der alle Einkommensarten angerechnet werden.

Darüber hinaus sehen alle Parteien weiteren Reformbedarf: So will die Union ambulante Pflege und pflegende Angehörige stärken, etwa durch die Zusammenfassung der Leistungen für Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie der Betreuungsleistungen zu einem persönlichen Budget. Weitere 500 Millionen Euro sollen in Robotik und Digitalisierung fließen. Prävention und Reha sollen mehr Gewicht erhalten.

Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Die SPD fordert eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf: Pflegende Angehörige sollen 15 Monate Anspruch auf Lohnersatz erhalten. Anlaufstellen in Städten und Gemeinden sollen medizinische und haushaltsnahe Dienstleistungen vermitteln. Um den Pflegeberuf attraktiver zu machen, fordert die Partei Branchentarifverträge und eine bedarfsorientierte Personalbemessung.

Ähnlich die Grünen: Sie wollen die ambulante Pflege in den Wohnquartieren stärken. Berufstätige Pflegende sollen mit der PflegezeitPlus für drei Monate freigestellt werden können. Zugleich fordert die Partei eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich für Pflegekräfte und Tariflöhne. Bei der stationären Pflege sollen die Eigenanteile der Bewohner gedeckelt werden.

Die FDP hat ein "Liberales Pflegebudget" vorgeschlagen: Alle Leistungsansprüche sollen in dieses monatliche Budget fließen, über der Pflegebedürftige unbürokratisch verfügen kann. Pflegende Angehörige will die Partei über mehr Kurzzeitpflegeplätze, Beratungsangebote und Telepflege entlasten. Starre Pflegepersonal-Untergrenzen lehnt die FDP ab.

Auch die Linke will Angehörige durch mehr professionelle Tages- und Kurzzeitpflege entlasten. Berufstätige sollen für sechs Wochen bei vollem Lohnausgleich freigestellt werden können. Zugleich fordert die Partei für Altenheime 100.000 zusätzliche Pflegekräfte und 500 Euro mehr Grundgehalt. Pflegearbeit in Privathaushalten soll als reguläre Beschäftigung nach Tarif bezahlt werden.

Die AfD fordert eine leistungsgerechte Bezahlung der Pflegekräfte in einem Flächentarifvertrag. Zudem soll es eine gesetzlich festgelegte Personaluntergrenze für Pflegeeinrichtungen geben.


Quelle:
KNA
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