"Die Karten werden in Deutschland politisch zu einem Zeitpunkt neu gemischt, zu dem es darum geht, Lehren aus der Pandemie zu ziehen und die Corona-Folgen in den Griff zu bekommen. Das ist eine Chance", sagte der Präsident des katholischen Wohlfahrtsverbands am Montag in Berlin.
"Die Pandemie hat die Sozialstaatsbedürftigkeit unserer Gesellschaft sichtbar gemacht und zeigt, was wir heute für den Zusammenhalt für morgen brauchen."
Zielgenaue Unterstützung
Corona habe vor Augen geführt, wie unterschiedlich die Bürger in der Krise verwundbar seien. Beispielhaft nannte Neher die Punkte bezahlbaren Wohnraum, Bildungsbenachteiligung oder die Situation Geflüchteter. "Nicht für alle in Deutschland ist das Netz der sozialen Dienstleistungen gleich gut ausgebaut."
Es müsse fester geknüpft werden, damit Menschen in schwierigen Lebensverhältnissen zielgenau die Unterstützung erfahren, die sie brauchen. "Wenn sie in prekären Situationen sind, dürfen sie nicht abstürzen", mahnte Neher.
Konkrete Forderungen in verschiedenen Bereichen
Die Kommunen benötigten eine auskömmliche finanzielle Ausstattung, um ihren sozialen Aufgaben angemessen nachzugehen. Grundschulkinder bräuchten passende Ganztagsangebote in den Schulen, vorschulische Bildung solle für alle unabhängig von der Herkunft gesichert und Schulsozialarbeit ausgebaut werden.
Das Existenzminimum für Kinder und Jugendliche müsse angemessen und verlässlich gewährleistet sein.
Baustellen im Pflegebereich
Im Pflege-Bereich sei trotz gerade verabschiedeter Reformschritte noch viel zu tun, meinte Neher. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssten attraktiver werden, ohne dass die Kosten für Pflegebedürftige aus dem Ruder liefen. Auch die häusliche Pflege bleibe eine offene Baustelle.
Pflegende Angehörige bräuchten dringend mehr Flexibilität bei Entlastungsmöglichkeiten. Die Arbeitsbedingungen und Arbeitsstandards der oft aus Osteuropa stammenden Betreuungskräfte sollten dringend reguliert und besser finanziert werden.
Auch beim Klimaschutz an Arme denken
Beim Klimaschutz müssten Kompensationsregelungen für einkommensschwächere Haushalte von Anfang an mitgedacht werden, forderte Neher. Der CO2-Preis solle erhöht und die Einnahmen über ein Klimageld pro Kopf zurückgezahlt werden.
Dies würde ärmeren Haushalten zugute kommen, die weniger klimaschädliches Kohlendioxid ausstießen als reichere.