"Eckiger Tisch" findet Missbrauchstext von Benedikt XVI. unbrauchbar

"Vormoderne Sicht"

Der Sprecher der Opfer-Initiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, hält den Aufsatz von Papst Benedikt XVI. zur Missbrauchskrise in der katholischen Kirche für einen "entlarvenden Text". Die Analyse gehe "völlig an der Sache vorbei".

Papst Benedikt XVI. arbeitet an seinem Schreibtisch / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Benedikt XVI. arbeitet an seinem Schreibtisch / © Romano Siciliani ( (Link ist extern)KNA )

Deshalb müsse man sie "jetzt aber auch nicht zu wichtig nehmen", sagte Katsch am Donnerstag im Bayerischen Rundfunk. Das ehemalige Kirchenoberhaupt blende die "strukturellen Ursachen für die Übergriffe" aus. 

"Stattdessen ist am Ende der Teufel Schuld dafür, dass das Böse in die Kirche eingedrungen ist", sagte Katsch. Das sei eine "vormoderne Sicht, die aber zur Lösung des Problems nichts beiträgt". 

Verfall der kirchlichen Morallehre - Hauptursache von Missbrauch

Eigene Fehler und die "Verantwortung der Institution" Kirche benenne Benedikt XVI. nicht. Dafür mache er die Generation der 68er und deren liberale Lebenshaltung für den Missbrauch hinter Kirchenmauern verantwortlich.

Am Donnerstag hatten mehrere Medien einen Aufsatz von Benedikt XVI. mit dem Titel "Die Kirche und der Skandal des sexuellen Missbrauchs" publiziert. Darin sieht der emeritierte Papst den Verfall der kirchlichen Morallehre und die zunehmende Gottlosigkeit in Kirche und Gesellschaft als Hauptursachen der Missbrauchskrise. 

Das Pontifikat von Papst Benedikt XVI.

"Professor Papst" nannte man ihn: weil seine Ansprachen vor der UNO, im Berliner Reichstag oder im britischen Parlament anspruchsvoll wie Vorlesungen waren. Seine Brillanz veranlasste den Kölner Kardinal Josef Frings, den gerade 35-Jährigen zu seinem Berater beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zu machen. Dem Abschnitt als Erzbischof von München und Freising (1977-1982) folgte seine jahrzehntelange Bestimmung: als Präfekt der römischen Glaubenskongregation. Am Ende zeigte sich Ratzinger amtsmüde, doch Johannes Paul II. überredete ihn zu bleiben.

Joseph Kardinal Ratzinger wurde am 19. April 2005 vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt (KNA)
Joseph Kardinal Ratzinger wurde am 19. April 2005 vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt / ( (Link ist extern)KNA )