Hildegard Kurt ist online in Berlin zugeschaltet. Und ich gestehe, dass ich erstmal seltsam berührt war, als ich eine E-Mail mit einem Link zur Erdfest-Initiative bekam. Ein Erdfest feiern? Das klang in meinen Ohren doch eher, sagen wir esoterisch-verquast, zumindest abgehoben. Nachgegangen bin ich der Sache dann doch: Denn schon 2019, also im zweiten Jahr der Initiative, gab es über 180 Erdfeste bundesweit und darüber hinaus mit Tausenden Teilnehmer*innen.
Fakten und Wissen erreichen die Menschen nicht
Noch mehr gestaunt habe ich, als ich die Liste der Erdfest-Partner*innen fand. Sie fängt mit dem Umweltministerium an und enthält neben zahlreichen weiteren die Deutsche Gesellschaft des Club of Rome, die Ökumenische Initiative Eine Welt, eine Kunsthochschule, Slow food Deutschland und den Demeter Verband. Ganz ehrlich, die erstaunliche Vielfalt dieser Liste hat bewirkt, dass ich mehr wissen wollte. Denn: Ist das nicht genau das, was wir so dringend brauchen? Dass Menschen sich über ihre Nische hinaus engagieren, um die Erde zu retten, den Klimawandel zu stoppen und sich über alle Grenzen zusammenschließen?
Was ist das Geheimnis, dass so viele, so unterschiedliche Menschen sich der Idee, ein Erdfest zu feiern, anschließen, will ich deswegen von Hildegard Kurt wissen. Diese berichtet von einer Studie des Bundesamts für Naturschutz zum Naturbewusstsein der Deutschen. Nur jeder vierte habe demnach ein Bewusstsein für die ökologischen Nöte der Erde. Zusätzlich zur Vermittlung von Wissen, wollte man erproben, wie Natur über Emotionen näher kommen kann. „Deswegen wurde diese Initiative 2017 vom Umweltministerium finanziell ermöglicht“.
Mit der Erde in Beziehung treten
Wie Hildegard Kurt betont, geht beim Erdfest nicht darum, unseren eh schon viel zu vollen Kalendern eine weitere Veranstaltung hinzuzufügen. „Jede kleine, auch informelle Aktivität, die uns spüren lässt, dass die Erde kein Gegenstand ist, sondern ein lebendiges Gegenüber, ist ein Erdfest.“
Und zwar ein Gegenüber, das eigene Bedürfnisse habe. Um als Menschheit weiter auf diesem Planeten existieren zu können, komme es darauf an, diese Bedürfnisse zu erkennen und anzuerkennen –Rücksicht darauf zu nehmen. Insofern, so paradox das klingen mag, bringe uns Menschen ausgerechnet die Corona-Pandemie bei, in angemessener Weise auf die Bedürfnisse der Erde zu reagieren: „Der Mensch muss sich zurücknehmen!“
Nur ein neues Bewusstsein schafft neues Handeln
In der Sendung erzählen wir die Geschichte der Nachhaltigkeitsforscherin Dr. Hildegard Kurt. Hören Sie, wie sie auf dem Land in einem 1000 Seelen Dorf aufwuchs – und heute in Berlin im Möckernkiez wohnt, der bundesweit größten Wohnungsbaugenossenschaft. Mit ca. 1000 Menschen.
Hören Sie in der Sendung auch, wie über die in Oxford lehrende Künstlerin und Beuys-Schülerin Shelley Sacks die Möglichkeiten der Kunst im Leben von Hildegard Kurt eine Rolle spielen, welche Hoffnungen Hildegard Kurt mit dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem UN-Klimagipfel 1992 verband – und wie sie mit der Enttäuschung umging, dass sich, statt einer nachhaltigen Wende, der globalisierte Turbokapitalismus durchsetzte.
Hildegard Kurt erzählt warm und präzise aus ihrem wagemutigen Leben. Am Ende Sendung landen wir beim Anfang: der Erde, dem Klimawandel – und dem, was jede*r von uns tun kann. Ich wünsche: viel Vergnügen und viel Erkenntnis!