Cassandra weiß noch gar nicht, was sie von dem ganzen Trubel hier halten soll. "Ich lasse mich überraschen", sagt die Zehnjährige aus Tröstau im Fichtelgebirge, die am Donnerstag als König verkleidet zum bundesweiten Auftakt der Sternsinger-Aktion nach Neumarkt in der Oberpfalz gekommen ist. Auch die elfjährige Antonia und Ludwig (16), beide aus Pietenfeld bei Eichstätt, sind gespannt. "Ich hoffe, dass wir viel Spaß haben", sagt Ludwig.
Das Trio zählt zu den mehr als 2.000 kleinen Königen, die den Weg in die Oberpfalz angetreten haben - doppelt so viele wie erwartet. Der Auftaktgottesdienst mit dem gastgebenden Bischof Gregor Maria Hanke muss deshalb vom Neumarkter Johannesmünster in die größte Halle im Ort verlegt werden. Nach der Feier ziehen die Sternsinger in einem ebenso langen wie bunten Zug zum Rathaus, wo sie von Hunderten Schaulustigen begrüßt werden und den Schriftzug "20*C+M+B*17" anbringen.
Besonderer Tag für die Stadt
Neumarkts Oberbürgermeister Thomas Thumann (Freie Wähler) zeigt sich begeistert über den Besuch. Er spricht von einem besonderen Tag für seine Stadt, die Trägerin des Deutschen Nachhaltigkeitspreises ist und deshalb mit dem diesjährigen Sternsinger-Motto viel anfangen kann. "Wir versuchen, an dem Thema weiter zu arbeiten", sagt Thumann zur ökologischen Ausrichtung der 40.000-Einwohner-Stadt.
Die Aktion Dreikönigssingen ist die weltgrößte Hilfsaktion von Kindern für Kinder. Rund 300.000 Mädchen und Jungen ziehen in den nächsten Tagen von Haus zu Haus, bringen den Weihnachtssegen und sammeln Spenden für notleidende Altersgenossen in Afrika, Asien, Südamerika und Osteuropa. Seit Gründung des Missionswerks "Die Sternsinger", das die Aktion mit dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) auf die Beine stellt, kamen mehr als 900 Millionen Euro zusammen, allein im Vorjahr waren es 46,2 Millionen.
Stern statt Star
Stern heißt auf Englisch "star", und so nimmt Bischof Hanke in seiner Predigt den verbreiteten Starkult aufs Korn. Der verblasse rasch, wenn Geld und Schönheit weg seien, sagt er. In der Kirche gebe es Stars mit ganz anderer Leuchtkraft, nämlich die Heiligen. Wichtig sei vor allem die Freundschaft zu Jesus. "Er macht jeden von uns zu einem Star, wenn wir in die Freundschaft zu ihm eintreten."
Inhaltlich widmet sich das diesjährige Dreikönigssingen dem Thema Klimawandel. Das Beispielland Kenia gehört zu den Staaten, die besonders unter der Erderwärmung leiden. Die Hälfte der Menschen lebt in Armut, ein Viertel muss mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen. Hanke, dem Umwelt und Klima besonders am Herzen liegen, zeigt sich überzeugt, dass sich auch Kinder für das Thema gewinnen ließen. Es gehe um eine "große Solidarität, die heute nur noch weltumspannend denkbar ist".
Großes Sternsingerfest
Dass der Bischof richtig liegt, zeigen die Äußerungen der Sternsinger. "In den einen Ländern gibt es Überfluss, in den anderen ist es zu trocken", sagt Cassandra. "Das muss man ändern." Antonia verlangt, dass Autohersteller ihre Abgaswerte nicht mehr manipulieren sollten - und mehr Elektroautos bauen. Ludwig denkt auch darüber hinaus: "Mehr Bus und Zug fahren", fände er gut.
Mit einem großen Sternsingerfest geht die Eröffnung am Nachmittag zu Ende. Dabei gibt es Filme, Musik und Gesprächsrunden zur Klimasituation in Kenia, speziell in der Region Turkana im Süden des Landes. Dort lässt sich beobachten, welche schlimmen Auswirkungen der Klimawandel hat - durch anhaltende Trockenheit gibt es zu wenig Weideland. Folgen sind Armut und Hunger. Dagegen wollen die Sternsinger angehen - mit den Spenden vom Dreikönigssingen und mit der Stärkung des eigenen Umweltbewusstseins.
Am Ende ziehen Cassandra, Antonia und der als schwarzer König geschminkte Ludwig eine mehr als positive Bilanz des Tages. "Es war total schön", sagt die Zehnjährige aus dem Fichtelgebirge. Antonia fand es überwältigend, "dass so viele im Zug mitgelaufen sind". Sie habe nicht gedacht, dass so viele Sternsinger kommen, fügt sie hinzu. Auch Ludwig fühlte sich in der königlichen Gemeinschaft nach eigenem Bekunden mehr als wohl.