Anlässlich des Weltfriedenstages 2019 feierten am Donnerstag rund 1.200 Soldaten den traditionellen internationalen Soldatengottesdienst mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki im Kölner Dom, um für den Frieden zu beten. "Gute Politik steht im Dienste des Friedens", so die Botschaft des Papstes in diesem Jahr.
Neben inländischen Soldaten aus den Seelsorgebezirken Aachen, Nörvenich, Köln, Bonn, Wahn, Siegburg und Düsseldorf kamen auch ausländische Soldaten sowie Beamte der Bundespolizei in den Kölner Dom. Der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Peter Tauber (CDU), Bundesminister a. D. Dr. Franz-Josef Jung und Hans-Werner Bartsch als Bürgermeister der Stadt Köln nahmen ebenfalls am Gottesdienst teil.
Gegen Nationalismus und Abschottung
In seiner Predigt warb Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki leidenschaftlich für ein einheitliches Europa, das Freiheit und Schutz garantiere. Der Trend zu einer schlechten Politik, zu Nationalismus und Abschottung dürfe sich nicht weiter durchsetzen, so der Kardinal.
Der Erzbischof von Köln erinnerte an die Dom-Illumination "Dona nobis pacem" zum Gedenken an das Ende des Ersten Weltkrieges im vergangenen September. Im Lichte dieser Illumination sei der Dom zu einem Leuchtturm des Friedens gerworden. "Niemals werden wir das Leid und das Grauen jener Schlacht vergessen dürfen, in der ungezählte französische und deutsche Soldaten ihr Leben verloren haben", so der Kardinal. Dennoch beherrschten weiterhin Kriege weite Teile der Erde.
Es brauche indes keine neuen Waffen, sondern "eine neue Generation von Menschen", "die nicht für eine Kultur des Todes stehen, sondern für eine Kultur des Lebens und des Friedens für eine Kultur des Miteinanders".
Christen müssen überzeugte Europäer sein
Es sei ein Glück, in Europa leben zu dürfen. "Seit mehr als 70 Jahren lebt dieses Europa weitgehend im Frieden". Wenn man die Auseinandersetzungen auf dem Balkan außer Acht lasse, sei Europa ein Friedensraum. Dass dies "alles andere als selbstverständlich" sei, zeige der Blick auf die britischen Nachbarn.
Man habe sich so sehr gewöhnt an ein Leben in Sicherheit und ein christlich geprägtes Wertesystem, das Freiheit und den Schutz der menschlichen Würde garantiere, dass man offensichtlich nicht mehr wisse, was man alles aufs Spiel setzen bzw. verspielen könne, wenn sich der Trend zu einer schlechten Politik und zu Nationalismus und Abschottung weiter durchsetze. "Jeder für sich und ich für mich - so lässt sich Europa nicht gestalten", brachte Kardinal Woelki es auf den Punkt. So gerate Europa unter die Räder nationaler Egoismen. Nationalistisches Denken und nationalistische Politik führe ins Verderben.
Das gemeinsame Haus Europa dagegen sichere den Frieden. "Als Christen sollten wir deshalb überzeugte Europäer sein. Als solche haben wir aus dem Grauen der beiden letzten Weltkriege gelernt und wollen deshalb weiter an der inneren und äußeren Einheit Europas mitarbeiten". Deshalb dürfe man sich nicht durch ökonomische oder gar nationalistische Eigeninteressen auseinanderdividieren lassen. "Europa gehört zusammen und es kann nur solidarisch die großen Herausforderungen von Krieg und Frieden an seinen Außengrenzen, die Herausforderungen von Migration und Integration, die Schaffung und die Implementierung gerechter ökonomischer Lebensverhältnisse weltweit bestehen."
Christliche Glaubensboten haben Europa geeint
Kardinal Woelki erinnerte an die kommenden Europawahlen, die entscheidend für alle Bürgerinnen und Bürger Europas seien. "Bei diesen Wahlen dürfen wir als Christen nicht fehlen", betonte der Kardinal. Denn: "Europa ist von seinen frühesten Anfängen an fest verbunden mit dem christlichen Glauben". Christliche Glaubensboten hätten die Völker des Kontinents bereits vor Jahrhunderten geeint: Benedikt von Nursia, Bonifatius, der zum Apostel Deutschlands wurde; Willibald, Kilian aus Irland, Liboris aus Gallien, Brigitta von Schweden, Cyrill und Methodius aus den slawischen Ländern. Sie alle seien nicht nur große Heilige der Kirche, sondern sie gehörten mit vielen anderen auch zu den Baumeistern Europas und damit zur abendländischen Kultur. Sie einte der Glaube an den Einen Gott.
Auch heute müsse es Menschen geben, die Gott in allem die erste Perspektive einräumen und ihm geben, was Gottes sei: Anbetung. Ehrfurcht, Gehorsam. Dann werde auch dem Menschen gegeben, was des Menschen sei: Freiheit, Friede, Gerechtigkeit.
"Europa braucht keine Zyniker und Filterblasen"
Es brauche Staatslenker, die nicht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner fragen, sondern das Fundament und eine neue Vision von einem Europa weiterspinnen. Einem Europa "das um seine Wurzeln weiß und daraus lebt und gerade deshalb auch keine Angst vor Überfremdung haben muss". Das solidarisch sei, aber auch selbstbewusst Eingliederung und Identifikation verlangen darf. Weil ein solches Europa für Gott ein Herz hat, habe es auch ein Herz für alle Menschen - besonders für die Notleidenden, die zu uns kommen.
Europa brauche Menschen, "die sich gestaltend engagieren statt sich zynisch auf Twitter oder in anderen Social-Media Debatten zurückzulehnen. Dafür muss mancher die eigenen von Chatbots und Scharfmachern kontrollierten Meinungsblasen links wie rechts auch einmal zum Platzen bringen lassen, um das große Ganze in den Blick zu nehmen."
Tradition seit 1977 im Erzbistum Köln
Im Anschluss kamen die Soldaten zum traditionellen Austausch im Kölner Maternushaus zusammen. Am Empfang für geladene Gäste war neben Kardinal Woelki auch Militärgeneralvikar Reinhold Bartmann zugegen.
Seit 1977 wird der Internationale Soldatengottesdienst zum Weltfriedenstag im Erzbistum Köln gefeiert. Das Katholische Militärdekanat Köln in Person des leitenden Militärdekans Monsignore Rainer Schnettker organisiert den Soldatengottesdienst.
Das Katholische Militärdekanat Köln erstreckt sich über vier Bundesländer. Es umfasst 18 Seelsorgebezirke, in den 44.000 Soldatinnen und Soldaten und ihre Familienangehörigen betreut werden.