DOMRADIO.DE: Wie lange ist es her, dass Sie elektronische Musik in die Kirche geholt haben?
Pfarrer Christoph Biskupek (Initiator des Ambient Festivals): 2005 haben wir das zum ersten Mal gemacht. Ich muss aber sagen, dass die Idee an Silvester und Neujahr 1999/2000 mit einer großen Ausstellung "Apokalypse 2000" aus der Taufe gehoben worden ist. Und auch da haben wir schon elektronische Musik eingesetzt und gespürt, dass das passt.
DOMRADIO.DE: Gab es erstmal Skepsis als Sie das Festival mit anderen zusammen ins Leben gerufen haben?
Biskupek: Ja, weil Sankt Aposteln ein Standort für die klassische Kirchenmusik, Cäcilianianismus, Gregorianik, mehrstimmige klassische Chormusik ist. Da gab es natürlich Skepsis für eine solche moderne, experimentell wirkende Musikrichtung.
DOMRADIO.DE: Wie waren denn die ersten Reaktionen beim allerersten Ambient Festival?
Biskupek: Erstaunlich positiv. Erstens kamen ganz, ganz viele junge Erwachsene, die wir sonst eher nicht in der Kirche begrüßen können und haben diese Symbiose von christlicher Spiritualität, Architektur, Musik und Lichtkunst sehr positiv angenommen. Wir haben natürlich auch die klassische Gemeinde eingeladen. Da kamen auch 20, 30 Personen. Die waren vollkommen erstaunt, was da kam und waren mehrheitlich einverstanden.
DOMRADIO.DE: Beim ersten Mal war Sankt Aposteln im Mittelpunkt und danach?
Biskupek: Im Mittelpunkt war Sankt Aposteln. Das kann man sicherlich sagen, weil das eine tolle Basilika ist, die die christliche Botschaft durch Steine und Architektur erzählt. Auf der anderen Seite war sie aber auch die Werkstatt für diese Art der Verkündigung. Ich habe, weil ich damals da Pastor war, diese Musik auch als ein Werkzeug verstanden, um die Botschaft von Gott den Leuten in einer neuen Weise nahezubringen.
DOMRADIO.DE: Wie finden Sie es jetzt, dass nun beim Ambient Festival 2021 Sankt Aposteln wieder und diesmal ganz besonders im Mittelpunkt steht?
Biskupek: Wenn eine Basilika 1.000 Jahre alt wird, dann kann das kaum anders sein. Ich finde es natürlich toll, dass es weitergeht. Ich bin seit inzwischen elf Jahren Pfarrer von Hochdahl, inzwischen auch als Pfarrverweser (Verwalter einer noch nicht [wieder] besetzten Pfarrstelle, Anm. d. Red.) von Hilden und Haan. Ich freue mich natürlich, wenn etwas weitergeht, was man mitbegründet hat. Das tut der eigenen Seele, dem eigenen Ego gut. Und das hat sich ja noch erweitert. Denn in Sankt Michael ist in diesem Jahr diese Musik auch sehr stark vertreten. Es sind also zwei Orte, an denen diese Kunst dargebracht wird.
DOMRADIO.DE: Was wird Ihr persönliches Highlight bei diesem Festival?
Biskupek: Dass die Kirche Sankt Aposteln vollkommen von Stühlen und Bänken ausgeräumt ist und man diesen Raum in seiner ganzen Vortrefflichkeit erleben kann, ist Wahnsinn.
DOMRADIO.DE: Der Raum klingt auch anders, wenn da keine Bänke drin sind, oder?
Biskupek: Das ging jahrelang mit Bänken. Aber diesmal ist es so. Und die Lichtkunst, die die ganze Kirche erfüllt, zeigt alle Farben des Kosmos. Im Zusammenhang mit der Architektur stellt sich selbstverständlich die Gottesfrage. Das ist ganz toll, wie diese Frage auch von den 60 Künstlerinnen und Künstlern musikalisch gestellt wird. Also wirklich eine lebendige Auseinandersetzung mit der Gottesfrage
DOMRADIO.DE: Auf welches musikalische Highlight freuen Sie sich besonders?
Biskupek: Da, wo ich selber beteiligt bin, muss ich ehrlich sagen, denn ich werde am kommenden Sonntag um 11.30 Uhr die Abschlussmesse halten. Das hat es noch nie gegeben beim Ambient Festival, dass wir eine Liturgie feiern. Tun wir aber diesmal, weil wir zwei Künstler haben, die das schon häufiger mit mir in Hochdahl gemacht haben. Auch wenn das ein großer Vorort von Düsseldorf ist, ist es eben doch nicht das Zentrum der Kultur, so wie es Köln ist und wie es Sankt Aposteln am Neumarkt ist.
Aber es ist schon toll, wie Lubomyr Melnyk und Francesco Cavaliere eine Messe zum 1.000-jährigen Jubiläum von Sankt Aposteln "Annum per "Annum" - "Jahr um Jahr" komponiert haben. Da bin ich sehr gespannt. Ich weiß auch nicht, wie es wird. Francesco Cavaliere ist ein Klangkünstler, der die verschiedensten Glocken, Schellen und andere Elemente benutzt. Er wird mit dem hervorragenden Pianisten Lubomyr Melnyk, der auch in der Elbphilharmonie, in Kiew oder in New York auftritt, zusammen spielen. Das ist für mich sicherlich etwas sehr Besonderes.
Dietmar Saxler, der Initiator und Organisator des Ganzen, sagt: Das ist der Höhepunkt. Ich sage mal: Das ist der Abschluss. Und ich hoffe, es wird ein gutes Ausrufezeichen nach diesen tollen Ambient Tagen.
DOMRADIO.DE: Es ist eine große Kirche. Aber dennoch werden auch bei so einem großartigen Ereignis viele Menschen kommen. Coronagemäß dürfen vielleicht nicht alle rein. Oder wie sieht es im Moment aus? Gibt es schon viele Anmeldungen?
Biskupek: Es gibt viele Anmeldungen. Aber wichtig ist zu wissen, dass man nach "3G" (Geimpft, genesen oder getestet, Anm. d. Red.) vorgeht und dass es vor der Kirche auch Stellen gibt, wo man einen Test machen kann. Es dürfen auch nicht mehr als 300 Leute in die Kirche rein. Dann werden erst wieder welche hereingelassen, wenn andere herausgehen. Aber das ist sehr, sehr gut geplant, sodass ich glaube, dass das sehr gut funktioniert.
Das Interview führte Dagmar Peters.