kfd ermutigt Wählerinnen und Wähler zur Bundestagswahl

"Wir brauchen Entscheiderinnen auf allen Ebenen"

Wählen ist immer wichtig, aber warum spielt es gerade jetzt eine so wichtige Rolle, sein Kreuzchen zu setzen? Die Katholische Frauengemeinschaft ruft zum Wählen auf und warnt vor der Unterstützung extremer Parteien, wie der AfD.

Bald findet die Bundestagswahl statt / © Sven Hoppe (dpa)
Bald findet die Bundestagswahl statt / © Sven Hoppe ( dpa )

DOMRADIO.DE: Noch fünfmal schlafen, dann wird gewählt. Jede Stimme zählt. So ist das in der Demokratie. Und auch die Nichtwähler und -wählerinnen übernehmen Verantwortung für den Ausgang der Wahl. Denn wenn sie ihre Stimme verfallen lassen, dann profitieren vor allem auch extreme Parteien, wie die AfD. Davor warnt die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, kfd. Warum ist Wählen besonders bei dieser Wahl wichtig?

Monika von Palubicki (Stellvetretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd)): Es geht darum festzulegen, was in den nächsten vier Jahren politisch passiert. Wie werden Investitionen gelenkt? Welche Schwerpunkte werden gesetzt? Neben dem Klima ist Geschlechtergerechtigkeit unser großes Thema.

DOMRADIO.DE: Sie sagen, diese Wahl ist eine Klima-Wahl. Sie entscheidet darüber, ob Klimaschutz und Nachhaltigkeit in allen Bereichen als Leitthema verankert wird. Geben Sie damit nicht auch schon eine Wahlempfehlung ab?

von Palubicki: Nein, keinesfalls. Wir ermutigen die Wählerinnen und Wähler, genau hinzuschauen, welche Partei welche Ziele für die nächste Wahlperiode hat. Dafür gibt es auf der Homepage der kfd eine Übersicht, welche Ziele die einzelnen Programme verfolgen. Etwas abgekürzt, damit man sich nicht durch die dicken Wälzer arbeiten muss. Der Deutsche Frauenrat zum Beispiel hat Ähnliches gemacht. Auch die Klima-Allianz Deutschland. Man kann sich vielfach informieren. Es gibt einen Wahl-O-Mat bei "Wahltraut".

Es ist die Chance der Wähler zu schauen, welche Partei die Ziele Klimaschutz und Klimafolgen beheben auch in Zusammenhang mit Geschlechtergerechtigkeit umsetzt. Denn Frauen sind auf diesem Gebiet gut gebildet, haben gute Ansätze, um sich anders zu verhalten. Wir haben als Personalverband Frauen in vielen kleinen Orten, wo viel verändert wird. Seit den 80er Jahren machen wir Bewusstseinsbildung. Frauen ändern sich, aber wir merken, es reicht nicht, wenn wir uns von unten klimagerecht verhalten.

Es braucht Veränderungen in der Politik. Ich mache das mal an einem ganz einfachen Beispiel klar: Verkehr. Ich wohne in einem kleinen Dorf in Niedersachsen. Wenn ich von A nach B möchte, habe ich die Fahrt durch verschiedene Landkreise mit jeweils unterschiedlichen Verkehrsbetrieben. Ich brauche drei verschiedene Fahrkarten für 40 Kilometer. Da kann die Politik Rahmenbedingungen setzen, indem sie sagt, dass sie das Verkehrssystem reformiert, die Digitalisierung nutzt, auf Online Ticket Buchung umstellt, wo man direkt von A nach B buchen kann. Es sollten auch verschiedene Module des Verkehrs so miteinander verbunden werden, dass eine gute Erreichbarkeit an vielen Orten vorhanden ist, sodass man zum Beispiel aufs Auto verzichten kann und sich damit klimafreundlich verhält.

DOMRADIO.DE: Ein anderes Thema haben Sie auch schon angesprochen. Da geht es um die Gleichberechtigung. Auch die ist längst nicht in allen Bereichen erreicht. Was erwarten Sie von der neuen Regierung und wo sehen Sie Ansätze, die Sie unterstützen können?

von Palubicki: Ein wichtiger Ansatz ist, dass Frauen mit finanziellen Ressourcen ausgestattet werden, um eben auch sich klimagerecht zu verhalten. Das hängt eng zusammen. Beispielsweise arbeitet eine alleinerziehende Mutter unter Umständen nur Teilzeit und kann es sich nicht leisten, ein E-Auto zu kaufen. Da müssen wir ansetzen, dass wir sagen, es braucht Equal Pay für alle. Es braucht auch eine angemessene Rente für Frauen, sodass im Lebensverlauf entsprechende Anwartschaften erworben werden können, egal wie man sein Leben ausrichtet. Es braucht eine gerechte Verteilung von Care-Arbeit, bezahlter und unbezahlter, damit sich Frauen in den Beruf auch einbringen können. Wir brauchen Entscheiderinnen auf allen Ebenen.

DOMRADIO.DE: Wie wichtig ist es, dass mehr Frauen in die Regierung kommen?

von Palubicki: Es müssen mehr Frauen in die Regierung kommen. Frauen stellen 50 Prozent der Bevölkerung und sie müssen dann auch entsprechend im Parlament im Bundestag vertreten sein.

DOMRADIO.DE: Es sind immer noch doppelt so viele männliche Abgeordnete im Bundestag, bei der CDU sogar viermal so viele männliche Abgeordnete, bei der AfD sind es tatsächlich neunmal so viele.

von Palubicki: Wenn man genau ins Programm der AfD schaut, schlägt die Partei für Geschlechtergerechtigkeit eine Rolle rückwärts vor. Das sieht man auch in diesen Rollenverteilungen. Auch beim Klimaschutz ist es so, dass die AfD davon ausgeht, dass der Klimawandel nicht menschengemacht ist. Da muss man genau hinschauen, wen man wählt und welche Partei welche Ziele verfolgt. Wir geben keine Empfehlungen ab, außer bei der AfD. Aber wir fordern die Frauen, die Männer auf, sich genau anzuschauen, welche Ziele haben die Parteien? Wo wird Klimaschutz, wo wird Klimafolgen-Bekämpfung gut umgesetzt in den Programmen?

DOMRADIO.DE: Sie äußern sich deutlich und sagen, dass Frauen wählen gehen sollen, geben keine Wahlempfehlung. Aber bei der AfD ist es anders. Was sind Ihre wichtigsten Argumente gegen ein Kreuzchen für die AfD?

von Palubicki: Ich empfinde es so, dass die AfD, wie ich gesagt habe, im Programm eine Rolle rückwärts macht. Es sind versteckte Hinweise darauf, dass wir befürchten, dass die AfD sich nicht grundgesetzkonform verhält. Wir empfinden es so, dass da Ziele verfolgt werden, die nicht mit unseren kfd-Zielen übereinstimmen.

DOMRADIO.DE: Sollte denn generell das Geschlechterverhältnis bei den Parteien auch eine Rolle für die Wahlentscheidung spielen?

von Palubicki: Auf jeden Fall. Also 50/50-Parität ist da das Stichwort. Wir haben versucht, auch mit dafür zu kämpfen, dass in den Wahlkreisen schon Doppelspitzen angesetzt werden. Das ist im Moment noch nicht umgesetzt. Aber es ist wichtig, dass Frauen entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil auch vertreten sind in den demokratischen Gremien. Und das gilt für alle Ebenen. Das fängt auf der kommunalen Ebene an und hört beim Bundestag und dann bei der Bundeskanzlerin auf.

DOMRADIO.DE: Angela Merkel geht nach 16 Jahren als Kanzlerin. Annalena Baerbock wird es nach Prognosen eher nicht ins Amt schaffen. Welche Auswirkungen könnte das dann für die Gleichberechtigung oder bzw. fürs Selbstverständnis der Frauen haben?

von Palubicki: Ich denke, Gleichberechtigung geht in beide Richtungen. Wir wollen ja nicht, dass nur die Frauen alles bestimmen, sondern wir wollen mit den Männern gemeinsam unser Land, unsere Politik gestalten, unsere Zukunft bauen. Was wichtig ist, ist, dass sowohl Männer als auch Frauen im Blick haben, dass es um eine Gleichberechtigung geht. Wir sind noch alle sehr dual ausgerichtet bei der Geschlechterfrage. Aber es gibt inzwischen ja viele andere sexuelle Orientierungen und auch das gilt es im Blick zu behalten. Es geht darum, alle Menschen im Land mitzunehmen. Deshalb ist es auch wichtig, dass alle Menschen ihr Wahlrecht wahrnehmen und sich einbringen in die demokratischen Möglichkeiten. Denn wir sehen gerade auch in anderen großen Ländern, die gerade gewählt haben, dass es nicht selbstverständlich ist, dass wir diese Freiheit haben mitzuentscheiden.

Das Interview führte Dagmar Peters.


 

Der neue geschäftsführende kfd-Bundesvorstand: Bundesvorsitzende Mechthild Heil (Mitte), ihre Stellvertreterin Monika von Palubicki und Prof'in. Dr. Agnes Wuckelt / © Kay Herschelmann (kfd)
Der neue geschäftsführende kfd-Bundesvorstand: Bundesvorsitzende Mechthild Heil (Mitte), ihre Stellvertreterin Monika von Palubicki und Prof'in. Dr. Agnes Wuckelt / © Kay Herschelmann ( kfd )
Quelle:
DR
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