Die Islamisten hätten daran möglicherweise selbst ein Interesse - "selbst wenn es aus der Not heraus ist, der Komplexität der Lage gerecht zu werden, nämlich Menschen zu sättigen, für Ordnung und eine Infrastruktur zu sorgen", sagte Overbeck am Samstag dem Portal katholisch.de.
Overbeck: "Religionen dienen dem Frieden"
Für kirchliche wie nicht-kirchliche Hilfsorganisationen sei die Lage schwierig, räumte der Militärbischof ein. Er habe jedoch in den vergangenen zehn Jahren bei seinen Besuchen im Afghanistan immer sehr seriöse muslimische Autoritäten getroffen. "Ich hoffe, dass das ein Zeichen dafür ist, dass wir solche Wege einfach immer weiter beschreiten – manchmal auch wider alle Hoffnung und wider alle sichtbaren Zeichen, die von der anderen Seite kommen."
Die Staatengemeinschaft dürfe das Land nicht aufgeben, mahnte Overbeck. Eine "sichtlich auf eine Hungerkatastrophe zusteuernde Gesellschaft" brauche Hilfe. "Gleichzeitig muss auch weiterhin alles getan werden, was notwendig ist, um den Kräften zu helfen, die aufgrund ihrer Nähe zu den Bündnistruppen von Verfolgung und Tod bedroht sind." Schließlich gelte es, "weiterhin eine öffentliche Stimme dafür zu erheben, dass alle Religionen dem Frieden dienen sollen".
"Wenn man etwas anfängt, soll man an das Ende denken"
"Es braucht jetzt eine Reflexion, damit so etwas nicht mehr passieren kann", sagte der Bischof von Essen mit Blick auf den Abzug westlicher Truppen und die Machtübernahme der radikalislamischen Taliban.
Auf die Frage, was bei der Debatte über den 20 Jahre währenden Einsatz berücksichtigt werden müsse, antwortete der Militärbischof: "Erstens: Wenn man etwas anfängt, soll man an das Ende denken - das muss sehr viel klarer politisch und militärisch bedacht werden." Zweitens gelte es zu versuchen "mit möglichst wenig Waffengewalt" Interventionen auf den Weg zu bringen.
Er hoffe, dass der Einsatz trotz aller Defizite Einsichten gebracht habe, "die auch wir im Westen mit viel Schweiß und Blut errungen haben: dass Freiheit und Gleichheit hohe Werte sind, die für alle gelten", sagte der Bischof von Essen. "Wenn diese Einsicht auch unter den Menschen in Afghanistan wächst, dass beispielsweise gleiche Rechte für alle oder Bildung für Mädchen wichtig sind, dann ist zumindest ein kleiner Schritt getan."