Der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, würdigte bei der Preisverleihung am Dienstagabend in Solingen die künstlerische Arbeit sowie den sozial-politischen Einsatz der 65-Jährigen. "Lia Rodrigues bewegt sich in einer Tradition, die auch eine Tradition des Christentums ist: Gewaltfrei Widerstand zu leisten gegen Unterdrückung, gegen Diskriminierung und Ausgrenzung", sagte er in seiner Laudatio.
Rodrigues gründete zunächst eine Tanzkompanie für ausgebildete Tänzerinnen und Tänzer und öffnete diese 2004 für begabte Menschen aus den Favelas in Rio de Janeiro. Sie initiierte das "Centro de Artes de Mare" und die "Free School of Dance", in der alle Tänzer gemeinsam trainieren und proben.
Protest gegen Bolsonaro
Limbourg verwies auf die politische Situation in Brasilien unter Präsident Jair Bolsonaro, die Einschränkungen für Kultur und Medien sowie Rodrigues' Protest dagegen, der sich in ihrer Arbeit und ihren Werken ausdrückt. Die Tänzerin sei "Vorbild und Motivatorin für viele, gesellschaftspolitisch sehr engagierte junge Künstlerinnen und Künstler in Brasilien".
Limbourg richtete auch kritische Worte an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, der den Preis zusammen mit dem Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, überreichte.
So fragte er, ob es nicht an der Zeit sei, Frauen zu Weiheämtern zuzulassen. "Ich bin fest davon überzeugt: Eine Organisation, die nicht divers ist, wird scheitern." Die Kirche gerate weltweit unter Druck - auch im globalen Süden. Diese Entwicklung sei bedrückend, "denn die Botschaft von Jesus Christus ist aktueller denn je in einer Welt voller sozialer Ungerechtigkeit, Armut und Vereinsamung".
Erstmals Auszeichnung in der Kategorie Tanz
Die Auszeichnung der Deutschen Bischofskonferenz und des ZdK wurde erstmals in der Kategorie Tanz vergeben. "Lia Rodrigues und ihre Kompagnie stellen die vom globalen Norden diktierten postkolonialistischen, soziokulturellen und ökopolitischen Denkschemata auf den Kopf", sagte Bätzing in seinem Grußwort.
Sternberg bezeichnete die Brasilianerin als "eine der mutigsten, energetischsten und begabtesten Frauen des zeitgenössischen Tanztheaters".
Der Kunst- und Kulturpreis ist die höchste Auszeichnung der katholischen Kirche auf dem Kultursektor. Der Preis wird seit 1990 alle zwei bis vier Jahre vergeben. Die Verleihung fand im Theater und Konzerthaus Solingen statt.