Das sagte der italienische Journalist und Autor im Interview der Linzer "KirchenZeitung" (Donnerstag). Deshalb werde der Reformprozess über das aktuelle Pontifikat hinaus Zeit brauchen. Franziskus habe Baustellen eröffnet, müsse aber auch das aktuelle Kräfteverhältnis innerhalb der Kirche zur Kenntnis nehmen, so Politi: "Es ist nicht wahr, dass der Papst Alleinherrscher ist und alles entscheiden kann, so wie er will."
Eine "sehr starke konservative Strömung"
In der Weltkirche bestehe nach wie vor eine "sehr starke konservative Strömung". Franziskus aber habe in seinen bisherigen Amtsjahren etwa die "Dämonisierung der Homosexualität" aus früheren Pontifikaten "vom Tisch gewischt" und in der Amazonassynode eine freie Debatte der Bischöfe über verheiratete Priester möglich gemacht. "Das ist ein großer Sprung nach vorne, wenn man an die Vergangenheit denkt", so der Vatikankenner.
In der Kirche tobt nach Ansicht Politis seit Jahren ein "Bürgerkrieg". "Angefangen hat er bei der Familiensynode 2015, wo die traditionalistischen und konservativen Kräfte stark gegen den Papst mobilisiert haben. Es gibt Hass in der Kirche. Die Aggressivität wird jedes Jahr schlimmer."
Fortschritte bei Finanz-Transparenz
Deutliche Fortschritte sieht der Buchautor derweil sowohl bei dem vom Papst vorangetriebenen Bemühen um mehr Transparenz in den Vatikanfinanzen als auch beim Kampf gegen Missbrauch in der Kirche.
"Manchmal habe ich den Eindruck, dass man im deutschsprachigen Raum vergisst, wie viel gerade schon in den deutschsprachigen Ländern getan worden ist", so der Vatikanexperte. Auch in Nordeuropa habe sich eine gute Struktur gebildet, um Missbrauchsfälle aufzuarbeiten.
"Das gelingt - sagen wir - zu 80 Prozent gut und zu 20 Prozent weniger. Aber die Struktur ist da." Politi erinnerte an die Amtsenthebungen vieler Bischöfe im Zuge der Missbrauchskrise. "Das sind nicht Worte, das sind Taten", betonte er.