Die Woche der Nobelpreise steht an

Der größte Nutzen für die Menschheit

Alle Jahre wieder werden Anfang Oktober die neuen Nobelpreisträger bekannt gegeben. Geehrt werden sollen jene Wissenschaftler, Politiker und Organisationen, die der Menschheit "den größten Nutzen" gebracht haben.

Autor/in:
Christoph Arens
Kopien von Medaillen mit dem Bildnis von Alfred Nobel / © Jeppe Gustafsson (shutterstock)
Kopien von Medaillen mit dem Bildnis von Alfred Nobel / © Jeppe Gustafsson ( shutterstock )

Sie sind weltweit die wohl wichtigsten Auszeichnungen in Wissenschaft und Gesellschaft. Und sie gelten als Gradmesser für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes. 1895 hatte der schwedische Erfinder und Industrielle Alfred Nobel (1833-1896) die nach ihm benannten Preise gestiftet.

Ab dieser Woche werden sie wieder vergeben: Am Montag wird der Nobelpreisträger für Medizin bekanntgegeben, dann folgen am Dienstag und Mittwoch Physik und Chemie, am Donnerstag der Literatur- und am Freitag der Friedensnobelpreis. Am Montag darauf folgt der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften, der erst 1968 gestiftet wurde und nicht zu den eigentlichen Nobelpreisen zählt. Die prestigeträchtigen Auszeichnungen sind seit 2020 mit jeweils 981.000 Euro je Kategorie dotiert.

Deutsche haben bislang 85 Nobelpreise erhalten

Nobel hatte in seinem Testament verfügt, dass der größte Teil seines Reichtums in eine Stiftung fließen solle. Die Zinsen daraus sollten als Preis jenen zukommen, die "im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben", und zwar in Physik, Chemie, Medizin, Literatur sowie "an denjenigen, der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt hat".

Seit 1901 werden die Auszeichnungen an Nobels Todestag, dem 10. Dezember, in Stockholm und Oslo überreicht. Bisher wurden die eigentlichen Nobelpreise an 782 Männer, 56 Frauen und 28 Organisationen verliehen, der Wirtschaftspreis an 84 Männer und zwei Frauen (ohne Mehrfachnennung).

Deutsche haben bislang 85 Nobelpreise erhalten, vor allem in Physik und Chemie. Gleich 1901 hatte das Land die meisten Preise eingeheimst und sich bis 1933 den Ruf erworben, führende Wissenschaftsnation zu sein. Die Namen sind bis heute nicht vergessen: Emil Behring, der für eine Serumtherapie gegen Diphtherie geehrt wurde. Wilhelm Conrad Röntgen, der durch Zufall zuvor nie registrierte elektromagnetische Wellen entdeckte.

Der Name Albert Einstein steht für eine der dunkelsten Epochen der deutschen Wissenschaftsgeschichte und für den Aufstieg der USA zum Weltmeister der Nobelpreisträger seit dem Zweiten Weltkrieg. Der deutsche Jude, der 1921 den Nobelpreis für seine Arbeit zum photoelektrischen Effekt erhielt, wurde 1934 ausgebürgert und wanderte in die USA aus. Ihm folgte ein großer Teil der deutschen Wissenschaftselite. Medizinnobelpreisträger wie Fritz Lipmann und Sir Hans Krebs waren in Deutschland geboren, erhielten ihre Auszeichnung aber als Amerikaner und Brite.

Allerdings: Selbst geniale Erfinder und vielgelesene Schriftsteller haben keineswegs die Garantie, in die Galerie der Preisträger aufgenommen zu werden. Bisweilen gab es heftige Auseinandersetzungen: 1901, als der Franzose Sully Prudhomme den ersten Literaturnobelpreis erhielt, telegrafierten mehr als 40 Schriftsteller an den Russen Leo Tolstoi, es sei eine Schande, dass er übergangen worden sei. Auch Günter Grass galt nach seinem Roman "Die Blechtrommel" als "ständiger Nobelpreiskandidat", ehe er 1999 schließlich in die Reihe der Geehrten aufstieg.

Viele Friedensnobelpreise umstritten

Besonders umstritten waren viele Friedensnobelpreise: Namen wie Menachem Begin, Le Duc Tho, Kissinger, Arafat und Peres oder der äthiopische Politiker Abiy Ahmed, 2019 ausgezeichnet, lassen immer wieder die Frage aufkommen, ob es richtig ist, aktive Politiker von Ländern zu ehren, die treibende Akteure eines Krieges waren.

Streit gab es zuletzt auch beim Literaturnobelpreis: Belästigungs- und Korruptionsvorwürfe hatten die Jury der Schwedischen Akademie in eine so schwere Krise gestürzt, dass die Akademie im Frühjahr 2018 beschloss, die Vergabe auszusetzen. 2019 wurden dann zwei Preise vergeben.

Zwiespältig und umstritten, so lässt sich auch Alfred Nobel charakterisieren: Der Tüftler baute ein weltweites Imperium von Fabriken auf und brachte es auf 355 Patente, darunter das Dynamit, das den Bau von Eisenbahnlinien und Straßen erleichterte, aber auch den Krieg noch unmenschlicher machte. Dieser Zwiespalt mag den Schweden veranlasst haben, einen großen Teil seines riesigen Vermögens in den Nobelpreis zu stecken.


Quelle:
KNA