DOMRADIO.DE: Was hat eine solche Auszeichnung in diesen für die Kirchenmusik schwierigen Zeiten für Sie persönlich bedeutet?
Prof. Dr. Richard Mailänder (Kölner Erzdiözesankirchenmusikdirektor): Es ist schön. Das war zunächst einmal das Gefühl.
Andere hätten die Auszeichnung vielleicht eher verdient, die gerade in Corona-Zeiten im sozialen Bereich gearbeitet haben. Andererseits habe ich mich auch über eine Anerkennung im Bereich der Kirchenmusik gefreut, insbesondere hier für meine künstlerische Arbeit.
DOMRADIO.DE: Die Chöre dürfen jetzt wieder proben, sie dürfen auftreten. Kann man schon sagen, wie die Chorszene im Erzbistum Köln die Corona-Krise verkraftet hat?
Mailänder: Nach den Berichten, die ich die letzten drei Monate aus dem ganzen Bistum gelesen habe, sind die Erwachsenen-Chöre relativ gut durchgekommen. Es war deutlich weniger "Schrumpfung" zu verzeichnen, als wir erwartet hatten.
Im Kinderchor-Bereich sieht es komplett anders aus. Da muss komplett neu angesetzt werden, neu aufgebaut werden. Wenn Kinder anderthalb Jahre nicht mehr geprobt haben, sind die zunächst mal weg. Ebenfalls ist die geleistete Arbeit ein Stück weit weg und man muss neu beginnen.
DOMRADIO.DE: Also quasi ein Neuanfang in dem Bereich?
Mailänder: Ja, und das ist auch schmerzhaft. Funktionierende Chorsysteme haben wir eine ganze Reihe im Erzbistum. Die konnten nicht arbeiten und die müssen jetzt eigentlich bei Null wieder anfangen.
DOMRADIO.DE: Was raten Sie denn Sängerinnen und Sängern, wenn sie jetzt noch unsicher sind, ob sie sich wirklich wieder zum Singen treffen sollen?
Mailänder: Es gibt vom Land die 3G-Hygieneregeln, die Regel ist zum 1. Oktober sogar noch etwas erleichtert worden. Bis dahin galt bei Getesteten nur ein PCR-Test. Seit Oktober gilt auch ein Schnelltest, der nicht älter als sechs Stunden sein darf. Also die Chöre können aus unserer Sicht proben.
Ich selbst habe im Figuralchor Köln, den ich ja schon viele Jahre leite, bereits im Mai gesagt, dass wir davon ausgehen, dass wir ab August nur noch mit Mitgliedern proben, die komplett geimpft sind. Bei uns im Chor sind zum Beispiel alle geimpft. Das gilt sogar für die meisten Chöre, dass die Mehrheit geimpft ist. Vielleicht liegt es daran, dass in den Kirchenchören vor allem viele ältere Menschen sind.
DOMRADIO.DE: Sie sind im Mai für ihre Verdienste um die internationalen Beziehungen von Chorleitern und Komponisten mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Was meinen Sie, hat die Kirchenmusik in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern die Krise bislang besser verkraftet oder kann man die Länder schlecht miteinander vergleichen?
Mailänder: Die Chorszene in Deutschland ist in der Fülle relativ singulär. Wenn man nach Skandinavien schaut, dann gibt es da hervorragende Chöre, aber inicht in dieser Dichte, glaube ich. In England gibt es die tollen Chöre an den Kathedralen und den Colleges, aber in den normalen Pfarreien gibt es so etwas nicht.
Ansonsten gibt es auch den Beruf des Kirchenmusikers eigentlich nur im deutschen Sprachraum. Damit verbunden ist auch diese Vielzahl von Chören, die dann wiederum auch in die gesamte Gesellschaft hineinwirken. Die Situation ist daher relativ schwer zu vergleichen. Ich weiß nur von englischen Chören, die auch komplett aussetzen mussten.
DOMRADIO.DE: Immer mehr Einschränkungen fallen weg. Über was haben Sie sich persönlich als Musiker zuletzt am meisten gefreut?
Mailänder: Ganz banal, dass die Menschen wieder da waren, dass man sie sieht und dass man sie hört und dass man nicht mehr in Angst weit entfernt voneinander stehen muss. Das haben wir zeitweise auch gemacht. Schön ist, dass man relativ normal proben kann.
Das Interview führte Carsten Döpp.