"Das Sakrament der Versöhnung, da es sich um einen Akt der Religionsausübung handelt", dürfe "nicht mit einer psychologischen Sitzung oder einer Art Beratung verwechselt werden", so Piacenza gegenüber dem privaten katholischen Mediennetzwerk ACI Stampa (Freitag). Der Leiter der Apostolischen Pönitentiarie in Rom äußerte sich anlässlich der Diskussion in Frankreich nach der Veröffentlichung eines Berichts über Missbrauch in der katholischen Kirche.
Jeder Eingriff in das Beichtgeheimnis müsse "als unrechtmäßig und als Verletzung der Gewissensfreiheit angesehen werden", so Piacenza.
Unterschied zur Schweigepflicht von Ärzten
Deswegen unterscheide sich das Beichtgeheimnis auch von der Schweigepflicht, zu der etwa Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte verpflichtet sind. Als Bußgerichtshof ist die Pönitentiarie zuständig für Absolutionen, Dispense und Gnadenerweise.
Das Beichtgeheimnis sei "keine von außen auferlegte Verpflichtung", sondern "eine intrinsische Anforderung des Sakramentes". Als solches könne es nicht einmal vom Beichtenden selbst gelöst werden, so Piacenza. "Der Beichtende redet nicht mit dem Beichtvater, sondern mit Gott. Sich das anzueignen, was Gott gehört, wäre ein Sakrileg."
Dies bedeute aber nicht, so Piacenza, dass ein Beichtseelsorger etwa einen "Minderjährigen nicht dringend ermahnt, selbst den Missbrauch bei den Eltern, Erziehern und der Polizei anzuzeigen".
Debatte in Frankreich
Am Dienstag hatte Frankreichs Innenminister Gerald Darmanin erklärt, Priester, die über die Beichte Kenntnisse über Sexualdelikte gegenüber Minderjährigen erhalten haben, seien verpflichtet, diese "vor Gericht zu bringen". Auch Justizminister Eric Dupond-Moretti sagte, jeder Priester habe die "zwingende Verpflichtung", derartige Straftaten anzuzeigen, auch wenn er davon bei einer Beichte erfahre.
Ansonsten sei auch eine Anzeige wegen Strafvereitlung gegen den Geistlichen denkbar.
Nach ähnlichen Diskussionen in Australien hatte die Apostolische Pönitentiarie im März 2019 eine eigene Note veröffentlicht. Darin betonte die Behörde, das Siegel des Beichtgeheimnisses komme "direkt aus dem göttlichen Offenbarungsrecht und ist im Wesen des Sakraments verwurzelt". Daher lasse es "im kirchlichen Bereich, und umso mehr im staatlichen Recht, keine Ausnahme zu".