Freiwillige arrangieren "Kaffeekränzchen" auf Friedhof

Reden über Trauer und Wochenendtipps

In Deutschland wird auf Friedhöfen nicht gesungen und getanzt, wie es in anderen Ländern teils üblich ist. Langsam verblasst aber das Bild des stillen und traurigen Friedhofs, zum Beispiel durch das "Café Kränzchen" in Erlangen.

Das Team von "Café Kränzchen" am Lastenrad / © Karin Grüsser (Erlangen)
Das Team von "Café Kränzchen" am Lastenrad / © Karin Grüsser ( Erlangen )

DOMRADIO.DE: Wie läuft das Ganze denn ab? Sie fahren einfach mit Ihrem Lastenfahrrad auf den Friedhof und schauen mal, wer da vorbeikommt?

Karin Grüsser (Büro für Bürgerbeteiligung und Ehrenamt der Stadt Erlangen): Ja, quasi so läuft das. Wir haben ein Lastenfahrrad und bringen den gebrühten Kaffee mit. Es gibt auch Ehrenamtliche, die Kuchen backen und dann stellen wir unser Lastenfahrrad auf, haben ein paar Stühle und Tischchen im Gepäck, die vorhandenen Bänke werden dann noch aufgereiht und dann kann es eigentlich losgehen.

DOMRADIO.DE: Wie ist denn diese Idee entstanden?

Grüsser: Ich selber wohne in Fürth und dort gab es ein Friedhofscafé, das ganz neu aufgezogen wurde. Wir Kolleginnen fanden die Idee ist so charmant und so toll. So ein ganz einfaches Konzept kann Menschen zusammenbringen. Das lag uns irgendwie am Herzen, dass auch hier in Erlangen aufzuziehen.

DOMRADIO.DE: Und Sie verteilen nicht nur Kaffee und Kuchen umsonst, Sie "Matchen" auch. Was ist damit gemeint?

Grüsser: Wir sprechen ganz initiativ auch die Besucherinnen und Besucher vom Friedhof an und sagen: "Haben Sie Lust auf Kaffee oder selbstgebackenen Kuchen?" Wenn die dann ein bisschen unsicher schauen, dann sagen wir: "Da drüben bei der Dame ist noch ein Plätzchen auf der Bank frei. Vielleicht haben Sie Lust, sich dazu zu setzen."

DOMRADIO.DE: Reagieren die Menschen auf dem Friedhof positiv, wenn Sie die Menschen ansprechen?

Grüsser: Es ist ganz unterschiedlich. Manche sind irritiert. Es gibt auch welche, die werden neugierig und fragen, was ist das für eine Gruppe und kriegen Sie da Geld dafür? Aber es ist eben auf Spendenbasis bei uns. Es läuft eigentlich ganz gut. Die meisten sind eigentlich relativ offen. Ich glaube, die sind gar nicht so in sich gekehrt.

DOMRADIO.DE: Was für Gespräche sind denn das, die Sie mit den Leuten führen, die bei Ihnen auf einen Kaffee stehen bleiben?

Grüsser: Also schon die, die man auf einem Friedhof erwarten würde. Unsere erste Saison hat jetzt am Sonntag geendet, weil es einfach zu kalt wird, draußen zu sitzen und Kaffee zu trinken. Und da kam noch eine Frau, die gesagt hat: "Sie haben mich über die Trauerphase gerettet." Sie hatte ihren Mann verloren.

Es sind die klassischen Themen wie, ich habe einen wichtigen Menschen verloren und das erzählen die dann auch. Aber es wird auch ganz viel über Tipps gesprochen oder was man am Wochenende machen kann oder über das Wetter oder welche Gräber die besten sind, was auch immer. Die Bandbreite ist ganz groß.

DOMRADIO.DE: Also ganz viel, was sie den Menschen da mitgeben können. Was können wir Ihnen von Ihrer Arbeit und dem Kaffeekränzchen über den Umgang mit Friedhöfen und dem Tod lernen?

Grüsser: Das ist wirklich eigentlich ein ganz schöner Ort und Trauer gehört irgendwie mit dazu. Auch ganz tolle Lebensgeschichten kriege ich da mit. Da werde ich reich beschenkt und komme oft sehr erfüllt nach Hause.

Das Interview führte Julia Reck.


Karin Grüsser / © Privat (privat)
Karin Grüsser / © Privat ( privat )

Kuchen auf den Lastenrad von "Café Kränzchen" / © Karin Grüsser (Erlangen)
Kuchen auf den Lastenrad von "Café Kränzchen" / © Karin Grüsser ( Erlangen )

Kaffee und Kuchen beim "Café Kränzchen" auf dem Friedhof / © Karin Grüsser (Erlangen)
Kaffee und Kuchen beim "Café Kränzchen" auf dem Friedhof / © Karin Grüsser ( Erlangen )
Quelle:
DR
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