DOMRADIO.DE: Seit gut einem Jahr sind Sie jetzt als Bischof in und um Trondheim herum unterwegs. Was gefällt Ihnen denn an Ihrem Wirkungsort?
Erik Varden OCSO (Prälat von Trondheim): Da gefällt mir sehr viel. Zu allererst die Begegnung mit den Leuten. Und ich treffe sehr viele interessante und wirklich hingegebene Leute, von denen ich viel lerne. Dann einfach die Schönheit der Landschaft. Ich entdecke jetzt mein eigenes Land. Ich lebte ja 30 Jahre im Ausland, bin mit 16 Jahren ausgewandert. Das gehört zum Paradox meiner Lage, dass ich jetzt als Ausländer fast ins eigene Land zurückgekehrt bin.
DOMRADIO.DE: Nordwegen ist eine dunkle Region, gerade jetzt im Winter. Schlägt das nicht auch aufs Gemüt?
Varden: Je südlicher man in Europa ist, je fantastischer stellt man sich die Dunkelheit Norwegens vor. Was man vergisst, ist das außerordentliche Licht, besonders im Sommer, aber auch im Winter mit Sonnenaufgängen, die fast eine Stunde dauern. Also so furchtbar ist es nicht.
DOMRADIO.DE: Die Menschen in ihrem Bistum kommen aus 130 Nationen. Da kann ich mir vorstellen, dass das ein ganz anderes Arbeiten ist als das, was Sie vorher gemacht haben.
Varden: Ja, das ist wirklich eine ganz andere Lage. Ich bin ja immer noch ein Bischofs-Novize. Dieses Corona-Jahr hat sehr viel schwierig gemacht, aber ich habe trotzdem die Diözese ziemlich gut kennenlernen können, auch die Leute, die Orte. Es ist ein schönes Paradoxon, dass man bei uns in der extremen Diaspora die Katholizität der Kirche so präsent findet. Es gibt bei uns Menschen aus allen Nationen, Sprachen und Kulturen und aus denen eine einheitliche Gemeinschaft zu formen, das ist ja wohl nur in Christus möglich, aber es lässt sich tun. Und ich, ich sehe das. Und ich finde, das ist eine Inspiration für mich. Und ich denke auch für das Land, dass es möglich ist, aus so verschiedenen Umständen einheitlich etwas zusammen aufzubauen.
DOMRADIO.DE: Erstaunlich finde ich es, weil Ihre Diözese Trondheim flächenmäßig extrem groß ist, aber Sie nur zehn Diözesanpriester sind. Wie schaffen Sie es dann trotzdem für die Gläubigen da zu sein?
Varden: Die Gegenwart der Kirche hängt ja nicht nur von den Priestern ab. Die haben eine wichtige und unentbehrliche Rolle. Aber die Laien in den verschiedenen Pfarreien und den verschiedenen Gemeinschaften machen selbst eine große Arbeit, um die Kirche aufzubauen. Wir brauchen mehr Priester, das ist sicher. Also Ordensleute hätte ich auch gerne. Aber ich sehe, dass die Kirche aus all ihren Bestandteilen wächst und blüht. Im Zusammenhang jetzt von diesem synodalen Jahr, finde ich, ist schon ziemlich viel auf dem Laufenden in Norwegen, dass die verschiedenen Schichten von Mitgliedschaft der Kirche zusammenarbeiten, wirken und bezeugen.
DOMRADIO.DE: Am Wochenende sind sie dann mit dabei, wenn das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken seine Diaspora-Aktion eröffnet. DOMRADIO.DE überträgt live. Das Motto: "Werde Liebesbote". Was sagt Ihnen dieses Motto persönlich?
Varden: Das gibt mir eine sehr große persönliche Herausforderung und ich denke, gerade jetzt hat man das nötig, Boten zu sein und Boten zu treffen. Gerade vor einigen Tagen hat mir ein Mitbruder aus den Vereinigten Staaten geschrieben. Er hatte mit einer Gruppe von Anonymen Alkoholikern gearbeitet ein Wochenende. Ein Mitglied dieses Workshops hatte gesagt: Weißt du, ich möchte sehr viel lieber eine Predigt sehen als eine Predigt hören. Ich denke, das hat sehr viel damit zu tun, Liebesboten zu sein, dass wir das Evangelium verkörpern und zu allererst uns selbst und dann anderen zeigen, dass das Christentum eine Art ist, Mensch zu sein und in menschlichen Verhältnissen vom Lichte Gottes verklärt, das Leben neu zu sehen und zu leben.
DOMRADIO.DE: Mit welchen Gedanken kommen Sie nach Hildesheim?
Varden: Vor allem mit großer Dankbarkeit. Das Bonifatiuswerk hat seit sehr vielen Jahren in Norwegen Wunderbares geleistet und hat uns in so vielen Weisen geholfen, mit dem Bau von Kirchen und Klöstern auch - und ist einfach eine große Unterstützung für uns. Ich und wir alle schätzen sehr auch die Freundschaft mit dem Bonifatiuswerk. Ich freue mich darauf, einfach mit den Vertretern des Werkes einige Tage zusammen zu sein um dann unsere Erfahrungen austauschen zu können und gemeinsam einander zu stärken, für die große Aufgabe, die auf uns wartet, die ja nicht nur eine Diaspora-Aufgabe ist, sondern die kirchliche Aufgabe, Christus zu verkünden.
Das Interview führte Dagmar Peters.