Albertus Magnus als Zeuge für das Miteinander von Glaube und Vernunft

Ein Heiliger mit einfachen Schuhen

Viele Ordensleute waren ihren Zeitgenossen und späteren Generationen eine Inspiration im Glauben. In diesem Jahr übersetzen wir das Denken berühmter Dominikaner in die heutige Zeit, im November: Albertus Magnus.

Autor/in:
Kerstin-Marie Berretz OP
Statue von Albertus Magnus vor der Universität Köln / © Horacio Garcia Martin (shutterstock)
Statue von Albertus Magnus vor der Universität Köln / © Horacio Garcia Martin ( shutterstock )

In Köln gibt es den weltberühmten Dom, den wahrscheinlich jeder schon einmal besucht hat, der in Köln war. Nur einen Steinwurf weit entfernt vom Dom steht auch eine weitere Kirche, die einen Besuch wert ist: die Dominikanerkirche Sankt Andreas in der Komödienstraße. Nicht nur die reiche Bauplastik der rheinischen Spätromantik oder die umfangreich erhaltene, vor allem gotische Ausstattung lohnen den Besuch. Denn in der Krypta der Kirche ist die Grablege des heiligen Albertus Magnus - dem großen Universalgelehrten und Kirchenlehrer, der am 15. November gefeiert wird, zu finden.

Hier betete schon Papst Johannes Paul II. 1980 bei seinem Besuch in Köln und betonte in seiner Ansprache zum 700. Todestag des Dominikaners, dass Wissenschaft und Glaube miteinander im Gespräch sein sollten. So setzte der heilige Albert sich mit dem Wissen seiner Zeit auseinander und war in vielerlei Hinsicht an allem interessiert, was es zu wissen gab. Er war durch und durch Forscher und Gelehrter, der das Wissen seiner Zeit umfassend beherrschte und in einem gewaltigen Lebenswerk neu gestaltete. Für ihn waren Glaube und Wissen, Theologie und Wissenschaft keine Gegensätze. Vielmehr verknüpfte er die beiden Felder miteinander und brachte sie miteinander ins Gespräch.

Wissenschaft und Glaube können sich befruchten

Das kann auch heute noch ein Ansporn sein. Denn Albert der Große zeigt, dass es nicht unmöglich ist, ein gläubiger Mensch zu sein und sich trotzdem mit der Wissenschaft auseinanderzusetzen. Und umgekehrt bedeutet es nicht, dass man, wenn man wissenschaftlich arbeitet, nicht glauben kann. Vielmehr können beide Felder und die verschiedenen Disziplinen sich befruchten.

Die Wissenschaft kann helfen zu erkennen, wo bestimmte Glaubensvorstellungen und -praktiken nahezu absurd sind. Und der Glaube kann den Wissenschaftler dabei unterstützen, nicht abzuheben und zu vergessen, woher alle Gegenstände der Wissenschaft am Ende kommen - nämlich von Gott, ohne den es gar nichts gäbe, noch nicht einmal die Erde. Auf diese Weise ist der heilige Albert der Zeuge schlechthin für das Miteinander von Glaube und Vernunft. Und so lohnt sich ein Besuch der Kirche Sankt Andreas und der Grablege des Kirchenlehrers.

Ein Besuch lohnt sich auch aus einem weiteren Grund: Wenn man ganz großes Glück hat oder vielleicht zur dominikanischen Familie gehört, kann man das Messgewand des heiligen Albert anschauen, das in der Sakristei aufbewahrt wird. Es hängt zwar in einem separaten Schrank auf einer Büste, sieht ansonsten aber so aus wie ein Messgewand heute auch noch aussieht. Wahrscheinlich könnten Spezialisten sogar noch DNA-Spuren von Albertus Magnus darin finden.

Im Grunde kann jeder Heilig werden

Und so wird aus dem Heiligen, Kirchenlehrer und Universalgelehrten ein fast normaler Mensch. Das Messgewand macht klar: Der Heilige war ein Mensch - ein Priester, der Messe gefeiert hat, der Mitbruder war, der gemeinsam mit seinen Brüdern im Refektorium saß und aß, der mit ihnen zusammen betete und in der Recreation vielleicht auch einmal herzlich über einen Witz lachte. Das bringt uns den Menschen Albert nahe und macht gleichzeitig deutlich, dass im Grunde jeder heilig werden kann.

Von Gott her sind alle Menschen gleich geschaffen, so dass auch die Heiligen Menschen aus Fleisch und Blut sind. Daher braucht niemand von sich selber zu denken, er oder sie sei es nicht wert oder gar nicht in der Lage oder zu nichts zu gebrauchen. Wozu Gott einen Menschen gebrauchen kann, das kann oft erst nach dem Leben festgestellt werden.

So wurde Albert erst im 20. Jahrhundert - also sehr lange nach seinem Tod - heiliggesprochen. Es lohnt sich daher, immer nach der Fülle zu streben. So ähnlich, wie der Dominikaner nach der Fülle der Weisheit strebte und sich von seinen Erkenntnissen aus Studium und Gebet leiten ließ. Er hob nicht ab, auch dann nicht, als er Bischof wurde.

Stattdessen trug er weiterhin die Schuhe der einfachen Leute und bemühte sich darum, ein Leben zu führen, das Gott gefiel. Das kann man sich auch heute vornehmen: Was auch immer man tut und erreicht, am Boden bleiben und Gott gefallen wollen.


St. Andreas in Köln / © Jan Hendrik Stens (DR)
St. Andreas in Köln / © Jan Hendrik Stens ( DR )
Quelle:
KNA