DOMRADIO.DE: Bei Ihnen in der Kirche gibt es Orgelpfeifen zum Verkauf. Brauchten Sie denn Ihre Orgel nicht mehr?
Hubertus Velder (Pfarrei St. Peter in Rommerskirchen): Nein, um Gottes Willen. Die Orgel als Königin der Instrumente ist eben auch eine Zentralfigur in der Liturgie. Und die gilt es auf jeden Fall zu erhalten. Wir hatten eine Fürstin. Wir wollen aber wieder eine Königin haben.
DOMRADIO.DE: Heißt, die war ein bisschen verbraucht und schäbig?
Velder: Ja, in die Jahre gekommen und ein Kind aus den 1950er-Jahren. Die Materialknappheit, die Geldknappheit, zwischendurch mehr Renovierungen, die Grundreinigung musste gemacht werden, und der ganz normale Verschleiß in der Mechanik. Das musste jetzt mal aufgearbeitet werden.
DOMRADIO.DE: Und wessen Idee war es, die alten Orgelpfeifen, die nicht mehr gebraucht werden, zu verkaufen?
Velder: Das ist nicht so sehr die Ratio, also das, was man klar nachvollziehen kann, sondern auch eine Emotion. Die Pfeifen, die so viel erzählen können, die dürfen nicht so einfach weg. Da sind freudige Ereignisse durch diese Pfeifen gelaufen und genauso auch traurige Ereignisse. Die Musik spiegelt eigentlich das ganze Leben wider und sowas wirft man nicht weg.
Zumal auch der ein oder andere eine persönliche Verbundenheit mit dem Instrument hat, sei es über familiäre Dinge oder auch was die Gemeinde betrifft. Dann kam uns die Idee, damit die Pfeifen nicht irgendwo auf einem Schrottplatz verenden, dass sich die jemand vielleicht ins Wohnzimmer hängt, um sich auch noch an Dinge zu erinnern, an die man sich gerne erinnert.
DOMRADIO.DE: Sie haben mit diesem Verkauf im Rahmen der Kirchenvorstands und PGR-Wahlen am 6. und 7. November angefangen. Im Grunde könnte man denken, dass alle engagierten Gemeindemitglieder zuerst die Chance hatten, so eine Orgelpfeife mitzunehmen, auch wegen der Erinnerungen, von denen Sie gerade sprachen, oder?
Velder: Ja, so war es. Zwischendurch werden aber immer wieder Pfeifen verkauft. Nach einer Beerdigung sind natürlich auch Leute da, die mit Kirche gar nichts zu tun haben. Die gucken dann ganz neugierig: Was ist denn da los? Und wenn man ihnen dann noch zeigt, dass so eine Pfeife auch funktioniert, wenn man da seine eigene Luft rein pustet, dann haben wir wieder einen Käufer gefunden.
DOMRADIO.DE: Was kostet denn so eine Pfeife?
Velder: Also die ganz kleinen Zwei-Fuß-Pfeifen, die liegen bei fünf Euro. Und die großen 16-Fuß-Pfeifen, die sind aber auch schon über zwei Meter lang und haben ungefähr einen Durchmesser von 20 Zentimetern, die liegen bei 25 Euro. Also alles sehr verträglich, was die Preise angeht und für jeden Geldbeutel was dabei.
DOMRADIO.DE: Sie haben noch 60 Orgelpfeifen übrig. Wieviele haben schon ein neues Zuhause gefunden?
Velder: Um die 140 Pfeifen sind aus der Kirche ausgezogen und in Privathäusern.
DOMRADIO.DE: Wissen Sie, was die Leute damit machen?
Velder: Ich selber bin ja auch nebenbei Kirchenmusiker hier in St. Peter, als Aushilfe. Ich freue mich, wenn ich ins Haus reinkomme und Orgelpfeifen an der Wand sehe. Dann ist man direkt wieder irgendwo bei der Musik und es macht Spaß, das zu sehen. Und dann verbindet man Gedanken mit diese Pfeifen.
DOMRADIO.DE: Sie haben also 50.000 Euro ausgegeben, damit die Orgel wieder schön wird. Ist das Verkaufen als Refinanzierung gedacht?
Velder: Nein, das reicht bei Weitem nicht. Aber wie gesagt, wir wollten die Pfeifen auch nicht irgendwo auf einem Schrottplatz rumliegen lassen. Jeder, der Interesse daran hat, sollte zu seinem Recht kommen. Und diejenigen, die dieses Jahr eine Not, eine Katastrophe erlitten haben, haben von uns einen ganz kleinen Beitrag zur Milderung bekommen. Die Hälfte geht zugunsten der Pfarrgemeinde ein und die andere Hälfte geht zugunsten der Flutopfer.
DOMRADIO.DE: Wenn jetzt noch jemand eine von den 60 verbliebenen Orgelpfeifen bei Ihnen in Rommerskirchen haben möchte, wie kommt er da dran?
Velder: Am besten im Internet unter Kirche Rommerskirchen. Da sind auch die Gottesdienste in St. Peter aufgeführt und vor und nach den Gottesdiensten besteht die Möglichkeit, eine Pfeife zu erwerben. Wenn niemand an dieser kleinen Kasse stehen sollte: Die Preise sind ausgeschildert, die Farben stehen daneben. Das Körbchen, wo das Geld eingeworfen werden kann, ist auch da. Wir sind ja alle ehrliche Leute und die kann man sich dann so nehmen.
DOMRADIO.DE: Am ersten Weihnachtstag wird die neue Orgel geweiht. Haben Sie sie denn schon spielen hören oder selbst gespielt?
Velder: Ja, sie spielt schon längere Zeit. Aufgrund von Corona sollte es eigentlich schon vor einem guten Jahr erfolgt sein. Aber die Corona-Zeiten haben einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir mussten umdisponieren. Gleichzeitig wird dann auch die wiedergefundene Madonna aus den Trümmern neu geweiht und ihr wird in der Kirche ein würdiger Platz zugewiesen.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.