Bischof Overbeck würdigt Militärseelsorge in Krisenzeiten

"Vieles zu verarbeiten"

Soldaten stehen unter großem Druck. Nicht erst der Abzug aus Afghanistan macht das deutlich. Gerade auch in Zeiten der Pandemie spielt die Seelsorge für die Truppe eine große Rolle, erklärt der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck.

Internationaler Soldatengottesdienst im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti (DR)
Internationaler Soldatengottesdienst im Kölner Dom / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Vor welche Herausforderungen wird denn die Militärseelsorge in Pandemiezeiten gestellt?

Franz-Josef Overbeck (Bischof von Essen und Deutscher Militärbischof): Einerseits auf vielen Ebenen hinsichtlich der Frage des Einsatzes im Ausland. Das betrifft gerade vor allen Dingen Mali und die nicht leichte Situation dort. Auf der anderen Seite gibt es immer noch vieles zu verarbeiten mit dem Ende des Afghanistan-Einsatzes. Das bewegt noch viele Soldatinnen und Soldaten und natürlich auch die anderen Verantwortlichen.

Gleichzeitig merken wir, dass die Situation der Corona-Pandemie natürlich überall eingreift. Nicht unbedingt in die ersten Arbeitseinsätze der Soldatinnen und Soldaten, aber in ihr Privatleben und in die Art und Weise, wie wir miteinander den Weg gehen. Gerade auch wir als Kirche unter den Soldaten.

DOMRADIO.DE: Das Bundeskabinett hat ganz aktuell beschlossen, dass der Einsatz im Irak verlängert wird. Syrien soll ausgeklammert werden. Wird da eine katholische Militärseelsorge einbezogen in solche Entscheidungen?

Overbeck: Nein, das ist nicht unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist erstens die seelsorgliche Begleitung der Soldatinnen und Soldaten, die immer sichergestellt ist in ökumenischer Verbundenheit. Zweitens natürlich die Frage: Wie kann der Militärbischof, also ich, die Bezüge nicht nur zur Leitung des Verteidigungsministeriums, der Bundesregierung, sondern auch zur Generalität und den Soldaten gewährleisten? Und drittens geht es immer um die wichtigen Fragen von Gerechtigkeit, Frieden, Solidarität, also den Grundaufträgen des soldatischen Tuns.

DOMRADIO.DE: Sind schon die ersten Kontakte geknüpft zur neuen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht?

Overbeck: Wir haben uns begrüßt und der Rest wird jetzt in den nächsten Wochen folgen.

DOMRADIO.DE: Die Kirche befindet sich im Moment doch in sehr schwerem Fahrwasser. Wie beurteilen Sie das?

Overbeck: Wir befinden uns gesamtkulturell in einer Umbruchphase und sehen gerade an der Kirche, was das alles heißt. Gleichzeitig ist der Missbrauchsskandal für mich so etwas wie ein Zeichen, dass sich von innen her ursächlich vieles in eine neue Welt hinein entwickelt. Das will gestaltet werden und zugleich die Zeit, die bisher gelebt worden ist, auch beendet und auch verabschiedet werden. Das ist der Zielpunkt, aber gleichzeitig auch die Herausforderung, vor der wir stehen.

Gleichzeitig merken wir natürlich auch: Die Menschen verändern sich im Blick auf ihre Religiosität. Die Menschen verändern sich im Blick auf das, was für sie spirituelles Leben bedeutet. Und hier haben wir viele Chancen, aber kommen aus einer Zeit mit sehr anderen Prägungen. Und auch diesen Wandel müssen wir gestalten.

DOMRADIO.DE: Wie erlebt ein Bischof das ganz persönlich? Sie haben als Wappenspruch "Meine Seele preist die Größe des Herrn". Fällt das in solchen Krisenzeiten immer leicht?

Overbeck: Es fällt leicht zu sagen, Größe hat mit Weite zu tun und Weite gehört zum Leben eines Bischofs, hoffentlich, jedenfalls zu meinem. Und das bedeutet, darauf zu setzen, und das tue ich.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.


Quelle:
DR